29.03.2018
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass die Praktik der Vodafone GmbH unzulässig, ihren Kunden Rücklastschriftpauschalen i.H.v. 5,00 € oder höher und Mahnpauschalen i.H.v. 3,00 € oder höher zu berechnen (Urt. v. 29.03.2018, Az. I-20 U 39/17).
Die Beklagte, die Vodafone GmbH, stellte ihren Kunden im Falle einer Rücklastschrift seit April 2015 eine Pauschale von 5,00 € und im Falle einer Mahnung eine Pauschale i.H.v. 3,00 € in Rechnung. In den AGB und Preislisten der Beklagten fanden sich Regelungen über entsprechende Pauschalen zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht. Der Kläger, der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V., mahnte die Beklagte wegen dieser Praktik erfolglos ab und nahm sie sodann gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch.
Der Kläger vertrat die Auffassung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, ihren Kunden die Pauschalen in der geschehenen Weise in Rechnung zu stellen. Die Praktik der Beklagten stelle eine Umgehung des AGB-Rechts nach § 306a BGB* dar. Wenn die Beklagte die Pauschalen in ihren AGB bzw. Preislisten ausweisen würde, wären entsprechende Klauseln gem. § 309 Nr. 5a BGB** unwirksam. Die Höhe der Rücklastschriftpauschale von 5,00 € liege über dem gewöhnlichen Schaden im Falle einer Rücklastschrift, den die Beklagte pauschal allenfalls ersetzt verlangen dürfe. Ebenso sei der Betrag von 3,00 € für Mahnungen überhöht. Wenn die Beklagte die Pauschalen in AGB nicht wirksam vereinbaren kann, sei die systematische Inrechnungstellung der entsprechenden Beträge ohne AGB-Klauseln als Umgehung des AGB-Rechts gem. § 306a BGB aber ebenso unzulässig und daher zu unterlassen. Außerdem verstoße die Praktik auch gegen § 309 Nr. 5b BGB**, weil die Beklagte ihren Kunden in den Rechnungen nicht ausdrücklich die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren Schadens einräume.
Der Kläger beantragte beim Landgericht Düsseldorf zunächst den Erlass einer einstweiligen Untersagungsverfügung. Im Laufe des Verfügungsverfahrens änderte die Beklagte ihre Preislisten und nahm die Rücklastschrift- und Mahnpauschalen i.H.v. 5,00 € und 3,00 € am 01.07.2015 vorrübergehend in ihre Preislisten auf. Der Kläger erweiterte daraufhin seinen Antrag auf die Unterlassung auch der Verwendung dieser Klauseln, weil diese gegen § 309 Nr. 5a BGB** verstießen. Mit Urteil vom 29.07.2015, Az. 12 O 195/15 untersagte das Landgericht der Beklagten antragsgemäß die Fortsetzung der beanstandeten Umgehungspraktik und die Verwendung der Pauschalierungsklauseln.
Die Beklagte erkannte die Entscheidung im Verfügungsverfahren jedoch nicht als endgültige Regelung des Rechtsstreits an und zwang den Kläger dadurch zur Erhebung der Hauptsacheklage. Mit Urteil vom 11.01.2017, Az. 12 O 374/15 bestägtigt das Landgericht Düsseldorf seine Entscheidungen im einstweiligen Verfügungsverfahren aus dem Jahre 2015. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung weiter.
Das OLG Düsseldorf bestätigte, dass die Beklagte mit der systematischen Inrechnungstellung eines Pauschalbetrages i.H.v. 5,00 € für eine Rücklastschrift und eines Pauschalbetrages i.H.v. 3,00 € für eine Mahnung ohne eine vertragliche Regelung der Pauschalierung gegen das Umgehungsverbot des § 306a BGB i.V.m. § 309 Nr. 5a und Nr. 5b BGB vorstößt. Die Verwendung der entsprechenden Klauseln ist unzulässig, weil diese gem. § 309 Nr. 5a BGB unwirksam sind.
Das OLG Düsseldorf stellte klar, dass die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Pauschalen nicht überhöht sind, der Beklagten obliegt. Dieser Darlegungs- und Beweislast ist die Beklagte nicht ausreichend nachgekommen, weil sie zur Höhe des gewöhnlichen Rücklastschriftschadens bzw. der gewöhnlichen Mahnkosten nichts Konkretes vorgetragen hat, sondern sich im Wesentlichen darauf beschränkt hat, die vom Kläger behaupteten (niedrigeren) Kosten zu bestreiten. Die verwendeten Klauseln scheitern daher schon an § 309 Nr. 5a BGB.
Aber auch soweit die Beklagte keine Pauschalierungsklauseln verwendete und ihren Kunden die Pauschalen in Rechnung stellte, handelte sie rechtswidrig, weil sie das Klauselverbot des § 309 Nr. 5a BGB durch umgangen hat. Nach § 306a BGB finden die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen auch dann Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Eine solche anderweitige Gestaltung liegt hier vor. Darüber hinaus verstößt die Beklagte mit der Pauschalierungspraktik gegen § 3 Abs. 2 UWG. Gemäß § 3 Abs. 2 UWG sind geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Auch die Voraussetzungen dieser Norm liegen bei der Inrechnungstellung der nicht geschuldeten Pauschalen vor.
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Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
* § 306a Umgehungsverbot
Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.
** § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
5. | (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen) die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
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a) | die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder | |
b) | dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale; |
Auszug aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
§ 2 Definitionen
(1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet
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7. "unternehmerische Sorgfalt" der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
8. "wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers" die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte;
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§ 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen
(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.
(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.
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Quelle: Urteilsabdruck
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Letzte Aktualisierung: 29.03.2018