20.01.2010
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichthofs (BGH) hatte sich wieder einmal mit Farbwahlklauseln im Zusammenhang mit Schönheitsreparaturen zu befassen. Diesmal ging es um die Frage, ob eine Schönheitsreparaturklausel insgesamt unwirksam ist, wenn sie auch das Lackieren der Türen ausschließlich in weiß während der Mietzeit umfasst (Urteil vom 20.01.2010; Az.: VIII ZR 50/09).
Die beklagte Mieterin einer Wohnung in Berlin war aufgrund eines Formularmietvertrages zur Übernahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet. In § 4 Nr. 6 des Vertrages ist unter anderem bestimmt:
"Der Mieter ist verpflichtet, die während des Mietverhältnisses anfallenden Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durchzuführen. Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht und wie folgt auszuführen: Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen …"
Eine Anlage zum Mietvertrag enthält ferner den folgenden Zusatz:
"Bei der Ausführung von Schönheitsreparaturen sind die Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen (ausgenommen Kunststoff-, Aluminium- und Dachfenster, sowie fertig beschichtete Türblätter) nur weiß zu lackieren …"
Mit der Klage verlangt die Vermieterin nach Beendigung des Mietverhältnisses (soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse) Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen.
Das Amtsgericht Schöneberg hat der Klage teilweise stattgegeben (Urt. v. 24.04.2008 - 102 C 192/06). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Berlin als Berufungsinstanz die Zahlungsklage wegen unterlassener Schönheitsreparaturen abgewiesen (Urt. v. 27.01.2009 - 63 S 215/08). Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Der BGH hat entschieden, dass die in der Anlage des Mietvertrages enthaltene Farbvorgabe ("weiß") für den Anstrich der Innentüren sowie der Innenseiten der Fenster und der Außentür gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Damit hat der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung bestätigt, dass Schönheitsreparatur-klauseln, die den Mieter auch während der Mietzeit zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbe verpflichten und ihn dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränken, ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Februar 2009 - VIII ZR 166/08, Pressemitteilung Nr. 35/2009).
Die unzulässige Farbvorgabe führt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin. Bei der dem Mieter auferlegten Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen handelt es sich um eine einheitliche Rechtspflicht, die sich nicht in Einzelmaßnahmen aufspalten lässt. Stellt sich diese Verpflichtung auf Grund unzulässiger Ausgestaltung – sei es ihrer zeitlichen Modalitäten, ihrer Ausführungsart oder ihres gegenständlichen Umfangs – in ihrer Gesamtheit als übermäßig dar, so ist die Verpflichtung insgesamt unwirksam. Eine Aufrechterhaltung der Klausel in der Weise, dass entweder nur die Farbvorgabe oder die Renovierungspflicht nur bezüglich der Türen und Fenster entfällt, würde gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion Allgemeiner Geschäftsbedingungen verstoßen.
Der BGH führt in konsequenter Weise seine Rechtsprechung zu den Schönheitsreparaturklauseln in Formularmietverträgen fort. Bereits vor vier Monaten hatte der BGH über eine ganz ähnliche Farbwahlklausel zu entscheiden, die dem Mieter auferlegte, die Decken während der Mietzeit zu weißen (Urt. v. 23.09.2009; Az.: VIII ZR 344/08). Schon damals hatte der BGH argumentiert, dass der Vermeiter keinen anerkenneswerten Vorteil an einer bestimmten farblichen Gestaltung der Wohnung haben kann, solange die Wohnung vertragsgemäß im Gebrauch des Mieters ist. Dies muss folgerichtig nicht nur für die Gestaltung der Decken, sondern eben auch der Innentüren und Fenster von Innen gelten.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 14/2010
weniger Information17.11.2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass im Rahmen der Betriebskostenabrechnung die Messwerte eines nicht geeichten Wasserzählers verwendet werden dürfen, wenn der Vermieter nachweisen kann, dass die angezeigten Werte zutreffend sind (Urt. v. 17.11.2010, A.z.: VIII ZR 112/10).
Die Kläger hatten von September 2004 bis Februar 2008 eine Wohnung von den Beklagten in Bautzen gemietet. Der zu der Wohnung gehörende Wasserzähler war in den Jahren 2006 und 2007 nicht geeicht. Die Kläger sind der Auffassung, dass die von dem Gerät ermittelten Messwerte nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EichG* unverwertbar seien und die Beklagten daher die nach Verbrauch abgerechneten Kosten für Wasser/Abwasser nicht in die entsprechenden Betriebskostenabrechnungen einstellen dürften. Hierdurch ergebe sich unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen ein Guthaben von 134,09 € für das Jahr 2006 und in Höhe von 222,83 € für das Jahr 2007. Die Beklagten behaupten, der Wasserzähler habe ordnungsgemäß funktioniert; insofern müssten die Kläger für 2006 noch 496,53 € und für das Jahr 2007 noch 154,79 € nachzahlen.
Mit der Klage haben die Kläger von den Beklagten neben der Kautionsrückzahlung auch die Zahlung des sich ihrer Ansicht nach ergebenden Guthabens aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007 (insgesamt 1.117,77 €) verlangt. Die Beklagten haben mit den behaupteten Ansprüchen auf Nachzahlung von Betriebskosten die Aufrechnung erklärt.
Das AG Bauzen (Urt. v. 30.06.2009, Az: 21 C 1010/08) hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Bautzen (Urt. vom 30.04.2010, Az: 1 S 87/09) das Urteil abgeändert und die Klage in Höhe von 377,62 € abgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Kläger blieb ohne Erfolg.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es im Rahmen der Betriebskostenabrechnung allein darauf ankommt, dass der tatsächliche Verbrauch zutreffend wiedergegeben ist. Beruhen die in die Betriebskostenabrechnung eingestellten Verbrauchswerte auf der Ablesung eines geeichten Messgeräts, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Werte den tatsächlichen Verbrauch wiedergeben. Den von einem nicht geeichten Messgerät abgelesenen Werten kommt die Vermutung ihrer Richtigkeit nicht zu. In diesem Fall muss der Vermieter darlegen und beweisen, dass die abgelesenen Werte zutreffend sind. Gelingt dem Vermieter dieser Nachweis, steht einer Verwendung der Messwerte § 25 Abs. 1 Nr. 1a EichG nicht entgegen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Nachweis durch Vorlage einer Prüfbescheinigung einer staatlich anerkannten Prüfstelle geführt, aus der hervorgeht, dass die Messtoleranzgrenzen eingehalten waren.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 221/2010
weniger Information03.11.2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann, wenn er die Ware nur geprüft hat (Urt. v. 03.11.2010, A.z.: VIII ZR 337/09).
Im August 2008 schlossen die Parteien per E-Mail einen Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von 1.265 €. Das Angebot des Beklagten, der die Wasserbetten über das Internet zum Verkauf anbietet, war dem Kläger per E-Mail als angehängte PDF-Datei übersandt worden. Der Text der E-Mail enthält eine Widerrufsbelehrung. Im weiteren Text der E-Mail heißt es:
"Im Hinblick auf die o. g. Widerrufsbelehrung weisen wir ergänzend darauf hin, dass durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlechterung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist."
Das Wasserbett wurde gegen Barzahlung beim Käufer angeliefert. Der Käufer baute das Wasserbett auf und befüllte die Matratze mit Wasser. Anschließend übte er sein Widerrufsrecht aus. Nach Abholung des Wasserbetts forderte er den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Der Verkäufer erstattete lediglich einen Betrag von 258 € und machte geltend, dass das Bett nicht mehr verkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 € sei wieder verwertbar.
Das AG Berlin-Wedding (Urt. v. 09.04.2009, Az: 17 C 683/08) hat der auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises von 1.007 € gerichteten Klage stattgegeben. Das LG Berlin (Urt v. 18.11.2009, Az: 50 S 56/09) hat die Berufung des Verkäufers zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision des Verkäufers hatte keinen Erfolg.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann, da er die Ware nur geprüft hat.
Ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren sind. Soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Schuldner statt der Rückgabe Wertersatz leisten. Dabei muss der Verbraucher nach § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB* auch Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Die Wertersatzpflicht besteht jedoch nach § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB [aF*; jetzt Satz 3] dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. Letzteres war vorliegend der Fall. Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen lediglich eine Prüfung der Sache dar.
Der Verbraucher soll nach Art. 6 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatzrichtlinie)** und der sie umsetzenden deutschen Regelung grundsätzlich Gelegenheit haben, die durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen konnte. Dies schließt die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 210/2010
weniger Information27.10.2010
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass für internetfähige PC Rundfunkgebühren zu zahlen sind (Urt. v. 27.10.2010, A.z.: 6 C 12.09, 6 C 17.09 und 6 C 21.09).
Die Rundfunkanstalten halten die Besitzer von internetfähigen PC für gebührenpflichtig, weil sich mit diesen Geräten Sendungen empfangen lassen, die mit sog. Livestream in das Internet eingespeist werden. Im Rahmen der Zweitgeräte-Befreiung wird die Rundfunkgebühr allerdings nicht verlangt, wenn der Besitzer bereits über ein angemeldetes herkömmliches Rundfunkgerät in derselben Wohnung oder demselben Betrieb verfügt. Die Kläger waren zwei Rechtsanwälte und ein Student, die in ihren Büros bzw. in der Wohnung kein angemeldetes Rundfunkgerät bereit hielten, aber dort jeweils internetfähige PC besaßen.
BVerwG 6 C 12.09: OVG Koblenz, Urt. v. 12.03.2009 - 7 A 10959/08 -; VG Koblenz, Urt. v. 15.07.2008 - 1 K 496/08.KO -
BVerwG 6 C 17.09: OVG Münster, Urt. v. 26.05.2009 - 8 A 732/09 -; VG Münster, Urt. v. 27.02.2009 - 7 K 744/08 -
BVerwG 6 C 21.09: VGH München, Urt. v. 19.05.2009 - 7 B 08.2922 -; VG Ansbach, Urt. v. 10.07.2008 - AN 5 K 08.00348 -
Der 6. Senat desd BVerwG hat die Revisionen der drei Kläger gegen abschlägige Urteile der Vorinstanzen zurückgewiesen: Bei internetfähigen PC handelt es sich um Rundfunkempfangsgeräte i.S.d. Rundfunkgebührenstaatsvertrags. Für die Gebührenpflicht kommt es nach dessen Regelungen lediglich darauf an, ob die Geräte zum Empfang bereit gehalten werden, nicht aber darauf, ob der Inhaber tatsächlich Radio- bzw. Fernsehsendungen mit dem Rechner empfängt. Ebenso wenig ist es erheblich, ob der PC mit dem Internet verbunden ist, wenn er technisch nur überhaupt dazu in der Lage ist.
Diese sich aus dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag ergebende Rechtslage verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Insbesondere verletzt sie nicht in rechtswidriger Weise die Rechte der Kläger auf Freiheit der Information (Art. 5 Abs. 1 GG) und der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) oder den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Zwar greift die Erhebung von Rundfunkgebühren für internetfähige PC in die Grundrechte der Kläger aus Art. 5 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG ein, indem sie die Rundfunkgebührenpflicht an die - jedenfalls auch - beruflichen und informatorischen Zwecken dienende Nutzung oder auch nur den Besitz der Rechner knüpft. Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt durch die - ebenfalls verfassungsrechtlich begründete - Finanzierungsfunktion der Rundfunkgebühren für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der Eingriff ist auch nicht unverhältnismäßig, sondern von der Typisierungsbefugnis des Gebührengesetzgebers gedeckt.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird vom Rundfunkgebührenstaatsvertrag ebenfalls nicht verletzt. Zwar werden insofern ungleiche Sachverhalte gleich behandelt, als die herkömmlichen monofunktionalen Rundfunkempfangsgeräte mit den multifunktionalen internetfähigen PC gebührenrechtlich gleich behandelt werden. Entscheidend für die Gebührenerhebung ist jedoch nicht die technische Unterschiedlichkeit der Empfangsgeräte, sondern die gleiche Möglichkeit zum Empfang von Rundfunksendungen durch diese verschiedenartigen Geräte.
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt für das Abgabenrecht, dass die Gebührenpflichtigen durch ein Gebührengesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Gebührengrundlage nach sich ziehen. Die Rundfunkanstalten können an der Gebührenpflichtigkeit von internetfähigen PC daher auf Dauer nur festhalten, wenn diese sich auch tatsächlich durchsetzen lässt. Insoweit wird der Gesetzgeber die Entwicklung zu beobachten haben.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BVerwG: Nr. 93/2010
weniger Information13.10.2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Mieter von Wohnraum die Zahlung der Kaution von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos durch den Vermieter abhängig machen darf. (Urt. v. 18.10.2010, A.z.: VIII ZR 98/10).
Die Beklagten haben von den Klägern, die Eigentümer eines Gutshofes mit Stallungen und Weideland sind, durch zwei voneinander abhängige Mietverträge eine auf diesem Hof gelegene Wohnung sowie sechs Pferdeboxen nebst Weideland gemietet. Während der Mietvertrag über die Stallungen keine Kautionszahlung der Beklagten vorsieht, enthält der Wohnraummietvertrag in § 6 Nr. 2 folgende Regelung zur Sicherheitsleistung:
"Der Mieter leistet bei Beginn des Mietverhältnisses dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen eine Barkaution in Höhe von 2.000,00 € auf ein Mietkautionskonto - Übergabe an den Vermieter beim Einzug. Der Vermieter hat diese Geldsumme getrennt von seinem Vermögen bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Zinsen stehen dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Der Mieter ist berechtigt, die Kautionssumme in 3 Monatsraten zu bezahlen. Die erste Rate ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig, die beiden folgenden Raten mit der zweiten und dritten Miete (…)."
Die Beklagten zahlten die vereinbarte Kaution trotz mehrfacher Aufforderung nicht. Sie beriefen sich darauf, dass eine Zahlung erst dann erfolgen müsse, wenn die Vermieter ihnen ein gesondertes und den gesetzlichen Anforderungen genügendes Mietkautionskonto benannt und nachgewiesen hätten. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass ein Mietkautionskonto nicht vorab mitgeteilt werden müsse, und kündigten in der Folge das gesamte Mietverhältnis wegen der fehlenden Kautionsleistung. Die Kläger haben mit ihrer Klage Räumung sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten begehrt.
Das Amtsgericht Rheinberg (Urt. v. 20.07.2009, A.z.: 12 C 498/08) hat der Klage abgewiesen. Das Landgericht Kleve als Berufungsgericht (Urt. vom 25.03.2010, A.z.: 6 S 129/09) hat sie abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Mieter die Zahlung der Kaution davon abhängig machen darf, dass der Vermieter zuvor ein insolvenzfestes Konto benennt. Gemäß § 551 Abs. 3 BGB* hat der Vermieter eine ihm überlassene Mietsicherheit unabhängig von der gegebenenfalls vereinbarten Anlageform getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die Kaution vom Vermögen des Vermieters zu trennen und so vor dem Zugriff von dessen Gläubigern zu schützen. Es besteht kein Grund dafür, dem Mieter diesen vom Gesetzgeber bezweckten Schutz nicht von vornherein zu gewähren, sondern bei Beginn des Mietverhältnisses eine Lücke zu belassen, indem der Mieter die Kaution dem Vermieter zunächst in bar übergeben oder auf ein nicht insolvenzfestes Vermieterkonto überweisen muss. Im vorliegenden Streitfall haben die Mieter durch die Nichtzahlung der Kaution daher ihre Pflicht zur Erbringung der Mietsicherheit nicht verletzt; die darauf gestützte Kündigung ist unwirksam.
Der Bundesgerichtshof hat mit dieser Entscheidung wiederum die Rechte der Mieter gestärkt. Er hat klargestellt, dass der Mieter die in § 551 Abs. 3 BGB vorgeschriebene insolvenzfeste Anlage einer Mietkaution für den gesamten Zeitraum verlangen kann, während dem sich die Kaution im Besitz des Vermieters befinden. Dabei dürfte der vom BGH aufgrund des Gesetzeszwecks hervorgehobene zeitliche Aspekt (Insolvenzrisiko zwischen Empfang des Geldes durch den Vermieter und Weietrleitung auf insolvenzfestes Konto) in praktischer Hisicht nur von untergeordneter Bedeutung sein. Viel bedeutsamer dürfte für den Mieter dürfte ein Nenebeffekt der Entscheidung sein: Dadurch das der Mieter nun beanspruchen kann, sogleich nur auf ein insolvenzfestes Konto zu überweisen, hat er erstmals eine Kotnrolle darüber, dass seine Kaution wirklich auf einem insolvenzfesten Konto landet. Bisher konnte er bei seiner Zahlung nur darauf vertrauen, dass der Vermieter das Geld korrekt auf ein solches Konto weiterleitet.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 193/2010
weniger Information08.10.2010
Das Landgericht Hamburg (LG Hamburg) hat in einem Zivilrechtsstreit den Beklagten, der 2006 als knapp Sechszehnjähriger unter Verstoß gegen das Urheberrecht zwei Musikaufnahmen in eine Internettauschbörse eingestellt hatte, verurteilt, Schadensersatz in Höhe von 15 € pro Musiktitel an die klagenden Musikverlage zu zahlen. Die weitergehende Schadensersatzforderung wurde genauso wie die Schadensersatzklage gegen den Vater des Beklagten abgewiesen (Urt. v. 08.10.2010, Az.: 308 O 710/09).
Der 1990 geborene Beklagte (Beklagter zu 2) stellte im Juni 2006 über den Internetanschluss seines Vaters (Beklagter zu 1), ohne dass dieser davon wusste, zwei Musikaufnahmen in eine Internettauschbörse ein, sodass die Dateien im Wege des sog. Filesharings von anderen Teilnehmern aufgerufen und heruntergeladen werden konnten. Bei den Aufnahmen handelte es sich um die Musikaufnahme „Engel“ der Künstlergruppe „Rammstein“ und die Aufnahme „Dreh‘ dich nicht um“ des Künstlers „Westernhagen“. Die Künstler waren an dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg nicht beteiligt.
Die Klägerinnen sind die Inhaber der ausschließlichen Tonträgerherstellerrechte an den genannten Musikaufnahmen. Sie verlangten u.a., dass beide Beklagten wegen der unerlaubten Nutzung jeweils 300 € Schadensersatz pro Aufnahme an sie zahlen.
Das Landgericht hat entschieden, dass der Beklagte zu 2) den Klägerinnen zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Beklagte zu 2) habe das Urheberrecht schuldhaft und rechtswidrig verletzt, indem er die Musikstücke unerlaubt kopiert und in das Internet eingestellt hat. Zum Tonträgerherstellungsrecht der Klägerinnen gehörten auch das Vervielfältigungsrecht und das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens. Bei der Höhe des Schadensersatzes müsse jedoch darauf abgestellt werden, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrags als angemessene Lizenzgebühr für die Nutzung der Musikaufnahmen vereinbart hätten. Da es keinen unmittelbar anwendbaren Tarif für die zu bewertenden Nutzungen gebe, müsse die angemessene Lizenz geschätzt werden. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich bei den fraglichen Titeln zwar um solche bekannter Künstler handelte, dass die Aufnahmen 2006 jedoch bereits viele Jahre alt waren und deshalb nur noch eine begrenzten Nachfrage angenommen werden könne. Da außerdem von einem kurzen Zeitraum auszugehen sei, in dem die Titel zum Herunterladen bereit standen, hat das Gericht geschätzt, dass es allenfalls zu 100 Downloads pro Titel gekommen sein könne. Unter Orientierung an dem GEMA-Tarif VR-OD 5 (Nutzung von Werken im Wege des Music-on-Demand zum privaten Gebrauch) sowie an dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt vom 5. Mai 2010 im Schiedsstellenverfahren zwischen dem BITKOM und der GEMA hat das Gericht die angemessene Lizenz auf 15 € pro Titel geschätzt.
Die Schadensersatzklage gegen den Vater des Beklagten zu 2) - den Beklagten zu 1) - hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, dieser sei weder Täter noch Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung. Der Beklagte zu 1) sei zwar als sog. Störer anzusehen, weil er seinem Sohn unter Verletzung von Überwachungspflichten den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, über den die Rechtsverletzungen begangen wurden. Durch dieses Verhalten werde jedoch keine Schadensersatzpflicht begründet.
Quelle: Pressemitteilung des LG Hamburg vom 27.10.2010
weniger Information06.10.2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass es einem gewerblichen Großvermieter in tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen zuzumuten ist, ein Kündigungsschreiben ohne anwaltliche Hilfe zu verfassen (Urt. v. 06.10.2010, Az.: VIII ZR 271/09).
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Wohnungswirtschaft, das über eine Vielzahl von Wohnungen verfügt und diese gewerblich vermietet. Die Beklagten, die eine Wohnung von der Klägerin gemietet haben, gerieten mit zwei Monatsmieten in Rückstand. Daraufhin erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben die fristlose Kündigung des Mietvertrags gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Die Klägerin hat mit ihrer Klage Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Zahlung der durch das Kündigungsschreiben entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 402,82 Euro begehrt.
Hinsichtlich der in der Revision allein noch maßgeblichen Rechtsanwaltskosten hat das AG Wiesbaden (Urt. v. 06.04.2009 - 93 C 8201/08 (29)) die Klage abgewiesen. Das LG Wiesbaden (Urt. v. 18.09.2009 - 2 S 38/09) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Der BGH hat entschieden, dass Kosten, die aus der Sicht des Vermieters zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte nicht erforderlich und zweckmäßig sind, vom Mieter nicht als Verzugsschaden zu ersetzen sind. Sofern es sich wie in der entschiedenen Konstellation um einen tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fall handelt, bedürfe ein gewerblicher Großvermieter für die Abfassung einer auf Zahlungsverzug gestützten Kündigung keiner anwaltlichen Hilfe. Dies gelte auch dann, wenn der Großvermieter nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügt.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 188/2010
weniger Information30.09.2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Reisebüros nicht als Reiseveranstalter anzusehen ist, wenn es lediglich die Reiseleistungen anderer Anbieter für einen Vertragsschluss kombiniert und hierbei erkennbar nur vermittelnd tätig wird (Urt. v. 30.09.2010, A.z.: Xa ZR 130/08 ).
Die Klägerin nahm an einer bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Reisebüros gebuchten kombinierten Flug- und Schiffsreise mit zwei Hotelaufenthalten auf Jamaika teil, die im Reisebüro nach den Wünschen der Klägerin individuell zusammengestellt wurde. Bei dieser Reise wurde auf dem Hinflug ihr Koffer nicht mitbefördert. Sie hat ihn erst nach Abschluss der Schiffsreise wieder erhalten. Die Klägerin verlangt von dem beklagten Reisebüro Minderung des Reisepreises, Schadensersatz wegen mangelbedingter Mehrkosten für die Reise sowie Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main (Urt. v. 21.02.2008, A.z.: 30 C 3839/06-25) hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Landgericht Frankfurt am Main als Berufunsgsgericht (Urt. vom 30.09.2008, A.z.: 2-24 S 64/08) hat sie abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt. Dieses hatte angenommen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Reisevertrag gemäß § 651a Abs. 1 BGB, sondern lediglich ein Reisevermittlungsvertrag i.S.d. § 675 BGB zustande gekommen sei. Das Reisebüro sei nicht als Reiseveranstalter Vertragspartner eines aus mehreren Reiseleistungen zusammengesetzten Reisevertrags geworden, weil es lediglich die die Reiseleistungen anderer Anbieter für einen Vertragsschluss angeboten habe und hierbei erkennbar nur vermittelnd tätig geworden sei.
Dem ist der BGH gefolgt. Nach seiner Auffassung gibt es weder einen Erfahrungssatz noch eine gesetzliche Auslegungsregel, wonach ein Reisebüro, das einzelne Reiseleistungen verschiedener Leistungserbringer zu einer individuellen, auf die Wünsche des Kunden zugeschnittenen Reise zusammenstellt, zwangsläufig als Reiseveranstalter anzusehen ist. Ein Reisebüro übernimmt in der Regel typischerweise lediglich die Tätigkeit eines Vermittlers von Reiseleistungen. Allein aus dem Angebot mehrerer zeitlich und örtlich aufeinander abgestimmter Reiseleistungen auf Wunsch des Kunden kann nicht geschlossen werden, dass das Reisebüro dem Kunden gegenüber wie ein Reiseveranstalter die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der einzelnen Reiseleistungen übernimmt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen. Diese Richtlinie definiert in Art. 2*** sowohl den Begriff des Veranstalters als auch des Vermittlers von Pauschalreisen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat in der Rechtssache C-400/00 (Club-Tour ./. Garrido) entschieden, dass der Begriff der Pauschalreise im Sinne der Richtlinie auch solche Reisen einschließt, die von einem Reisebüro auf Wunsch und nach den Vorgaben des Verbrauchers organisiert werden. Auch daraus ergibt sich nur, dass ein Reisebüro in diesen Konstellationen Reiseveranstalter sein kann, nicht aber, dass es unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls stets als solcher anzusehen ist. In dem vom EuGH entschiedenen Fall war das vorlegende nationale Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Reisebüro dort als Reiseveranstalter aufgetreten war. Dem EuGH war lediglich die Frage vorgelegt worden, ob es sich um eine Pauschalreise im Sinne der Richtlinie handelte. Auch für den Bundesgerichtshof besteht angesichts des eindeutigen Wortlauts der Pauschalreiserichtlinie keine Veranlassung, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob ein Reisebüro im Einzelfall als bloßer Reisevermittler einzustufen sein kann.
Läßt sich ein Reisewilliger eine Reise individuell von einem Reisebüro zusammenstellen, kann er nicht davon ausgehen, dass zwischen ihm und dem Reisebüro auch automatisch ein Reisevertrag mit den für den Reisenden sehr günstigen Haftungsregelungen zustande kommt. Vermittelt das Reisebüro nur die Angebote Dritter - wovon nun im Regelfall auszugehen sein dürfte - kommt eben nur ein Reisevermittlungsvertrag zustande. In Kenntnis dessen sollte sich der Reisende gegen evtl. Probleme bei der Abstimmung der einzelnen Leistungen aufeinander z.B. durch geeignete Versicherungen selbst absichern oder - wenn er auf ein rechtlich abgesichertes Komplettpakt mehr Wert legt als auf Individualität - eher eine Pauschalreise buchen, als verschiedene Leistungen unterschiedlicher Anbieter zu kombinieren.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 186/2010
weniger Information07.07.2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Wohnwertverbesserungen, die ein Wohnungsmieter vorgenommen und finanziert hat, bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Rahmen von Mieterhöhungsverlangen im Regelfall nicht zu berücksichtigen sind (Urt. v. 07.07.2010, A.z.: VIII ZR 315/09).
Der Beklagte ist seit 1976 Mieter einer Wohnung in Hamburg. Aufgrund einer im Mietvertrag enthaltenen Verpflichtung baute er in die Wohnung auf eigene Kosten ein Bad und eine Sammelheizung ein. Im Februar 2008 verlangte die klagende Vermieterin Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettomiete von 450,28 € auf 539,95 € monatlich. Zur Begründung nahm sie auf den Mietspiegel der Stadt Hamburg Bezug und ordnete die Wohnung in das Rasterfeld C 4 ein. Dieses Rasterfeld bezieht sich auf Wohnungen mit normaler Wohnlage, Baujahr bis Ende des Jahres 1918 und einer Ausstattung mit Bad und Sammelheizung. In drei vorangegangenen Mieterhöhungsverlangen seit 1992 hatte die Vermieterin dagegen auf die ortsübliche Vergleichmiete für Wohnungen ohne Bad und Sammelheizung abgestellt.
Das Amtsgericht Hamburg-Altona (Urt. v. 30.01.2009, A.z.: 315b C 129/08) hat der Klage der Vermieterin auf Zustimmung zur Erhöhung der Nettomiete auf 539,95 € monatlich ab 1. Mai 2008 stattgegeben. Das Landgericht Hamburg (Urt. v. 27.11.2009, A.z.: 311 S 35/09) hat die Berufung des Mieters zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision des Mieters zum BGH hatte Erfolg.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB*) für die Wohnung des Beklagten anhand vergleichbarer Wohnungen zu ermitteln ist, die nicht mit Bad und Sammelheizung ausgestattet sind. Wohnwertverbesserungen, die der Mieter vorgenommen und finanziert hat, sind bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht zu berücksichtigen, wenn nicht die Parteien etwas anderes vereinbart haben oder der Vermieter dem Mieter die verauslagten Kosten erstattet hat. Die vom Mieter auf eigene Kosten geschaffene Wohnwertverbesserung bleibt bei der Ermittlung der Vergleichsmiete auch dann unberücksichtigt, wenn sie – wie hier – auf einer vertraglichen Verpflichtung beruht. Anderenfalls müsste der Mieter die Ausstattung seiner Wohnung im Ergebnis doppelt bezahlen, zunächst beim Einbau entsprechend der vertraglichen Verpflichtung und später nochmals durch eine auch auf diese Ausstattung gestützte Mieterhöhung.
Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, damit festgestellt werden kann, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete für die betroffene Wohnung ohne Berücksichtigung von Bad und Heizung ist.
Die Entscheidung des BGH entspricht - zunächst ganz unter Außerachtlassung der gesetzlichen Vorgaben - dem Ergebnis, zu dem wohl ein durchschnittlicher Bürger mit gesundem Rechtsempfinden gelangen würde. Die Annahme, dass ein Mieter die Wohnung auf eigene Kosten mit Bad- und Sammelheizung ausstatten, dann aber diese Eigenleistung gegenüber dem Vermieter auch noch mit einer höheren Miete bezahlen soll - ist schlicht paradox. Auch der Umstand, dass sich der Mieter vertraglich zum Einbau von Bad- und Sammelheizung verpflichtet hatte, ändert an dieser Einschätzung nichts. Die vertragliche Einbauverpflichtung des Mieters ist zwar die eine Seite. Sie begünstigt den Vermieter vertraglich bereits dadurch, dass er den Mehrwert der Wohnung nach einem möglichen Auszug des Mieter behalten kann, ohne dafür eine Gegenleistung erbracht zu haben. Auf der anderen Seite den baufreudigen Mieter aber - eben wegen seiner seiner Eigenleistung - ohne vertragliche Vereinbarung nochmals zur Kasse bitten zu wollen, erscheint schlicht unverschämt und nährt leider das verbreitete Zerrbild vom geldgierigen Vermieter, der den Mieter rücksichtslos ausbeutet. Um so erfreulicher ist es, dass hier das Ergebnis gesunden Rechtsempfindens mit dem vom BGH in Anwendung des geltenden Mietrechts für richtig befundene Ergebnis übereinstimmen. Bedenklich stimmt insofern nur, dass zuvor zwei Gerichtsinstanzen das geltende Mietrecht in der gegenteiligen Richtung ausgelegt haben.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 140/2010
weniger Information07.07.2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass ein Verkäufer von Waren im Fernabsatzgeschäft einen Verbraucher nicht mit den Versandkosten für die Hinsendung der Ware an den Verbraucher belasten darf, wenn dieser von seinem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch macht (Urt. v. 07.07.2010, A.z.: VIII ZR 268/07).
Der Kläger ist ein Verbraucherverband. Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen. Sie stellt ihren Kunden für die Zusendung der Ware einen Versandkostenanteil von pauschal 4,95 € pro Bestellung in Rechnung. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Erhebung solcher Kosten nach Ausübung des Widerrufs- oder Rückgaberechts bei Fernabsatzgeschäften in Anspruch.
Das Landgericht Karlsruhe (Urt. v. 19.12.2005, A.z.: 10 O 794/05) hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urt. v. 05.09.2007, A.z.: 15 U 226/06) hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Der VIII. Zivilsenat des BGH hatte das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatz-Richtlinie) dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kosten der Zusendung der Waren auch dann dem Verbraucher auferlegt werden können, wenn er den Vertrag widerrufen hat (Beschluss vom 1. Oktober 2008, Pressemitteilung Nr. 184/2008). Dies hat der EuGH bejaht und zur Begründung ausgeführt, dass mit Artikel 6 der Fernabsatz-Richtlinie eindeutig das Ziel verfolgt wird, den Verbraucher nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Deshalb liefe eine Auslegung, nach der es den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erlaubt wäre, eine Regelung vorzusehen, die dem Verbraucher im Fall eines solchen Widerrufs die Kosten der Zusendung in Rechnung stellt, diesem Ziel zuwider (EuGH, Urt. v. 15.04.2010 - Rs. C-511/08, NJW 2010, S. 1941).
Aufgrund dieser für die nationalen Gerichte bindenden Auslegung der Fernabsatz-Richtlinie durch den EuGH ist § 346 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 312d, 357 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Verbraucher nach dem Widerruf eines Fernabsatzvertrages ein Anspruch auf Rückgewähr geleisteter Hinsendekosten zusteht. Dementsprechend ist es Verkäufern von Waren im Fernabsatzgeschäft – wie der Beklagten im entschiedenen Fall – verwehrt, Verbrauchern die Kosten für die Hinsendung der von ihr vertriebenen Waren auch dann aufzuerlegen, wenn diese von ihrem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch machen.
Der BGH hat die seit Einführung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen strittige Frage, wer im Widerrufsfall die Hinsendekosten tragen muss, nunmehr abschließend im Sinne des Verbrauchers entschieden. Damit bestätigt das oberste Deutsche Zivilgericht die sich bereits in den letzten Jahres in Rechtsprechung und Literatur abzeichnende Tendenz, die Regelungen in §§ 346 Abs. 1, 312d, 357 BGB streng im Sinne des Verbrauchers auszulegen. So haben wir bereits in der ersten Auflage unseres Download - Ratgebers Fernabsatzverträge die Auffassung vertreten, die der BGH nunmher bestätigt hat. Sollte Sie also zukünftig noch eine Unternehmer zur Zahlung der Hinsendekosten auffordern, nachdem Sie den Kaufvertrag wiederrufen haben oder die bereits gezahlten Hinsendekosten nach Widerruf nicht erstatten, dürfte Ihnen ein Hinweis auf die neue Entscheidung des BGH zu Ihrem Recht verhelfen.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 139/2010
weniger Information18.05.2010
Das Landgericht Koblenz hat auf die Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen den Internetdienstleister 1&1 entschieden, dass Unternehmen Angebote nicht als Gratisleistung anpreisen dürfen, wenn diese nach einiger Zeit in kostenpflichtige Abonnements übergehen.
Im konkreten Fall bot 1&1 Neukunden ein kostenloses Sicherheitspaket mit Antivirus- und Firewall-Programm an. Lediglich aus einem kleinen Hinweis ging hervor, dass es sich bei dem vermeintlichen Gratis-Angebot um einen Abonnement-Vertrag handelt, der sich automatisch verlängert, wenn der Kunde nicht innerhalb von sechs Monaten kündigt. Nach Ablauf der Freimonate kostete das Sicherheitspaket 4,99 Euro im Monat. Der vzbv vertrat die Auffassung, dass der Anbieter dem Kunden hier keine Vergünstigung gewährt. Vielmehr diene er ihm eine Art Probeabonnement an. Dieser Auffassung hat sich das Landgericht Koblenz angeschlossen.
Eine ähnliche Masche hatte das Gericht bereits in früheren Verfahren gegen web.de untersagt, das wie 1&1 zum Unternehmen United Internet gehört. In beiden Fällen bewerteten die Richter das Angebot als irreführend. Es sei recht einfach, die Kosten so darzustellen, dass eine unbedachte Bestellung ausgeschlossen ist. "Wenn man das so machen kann, dann sollte man es auch tun" erklärten die Richter in der mündlichen Verhandlung gegen 1&1.
Quelle: Verbraucherzentrale