News 2009
09.12.2009
Energie und Wasser Potsdam GmbH wegen treuwidriger Verzögerung des Lieferantenwechsels eines Stromkunden zu Schadensersatz verurteilt
Das Amtsgericht Potsdam hat einem Potsdamer Stromkunden Schadensersatzansprüche gegen die lokale Grundversorgerin, die Energie und Wasser Potsdam GmbH, zugesprochen, nachdem diese seinen Wechsel zu einem preiswerteren Stromlieferanten treuwidrig verzögert hat (Urt. v. 09.12.2009, Az.: 22 C 84/09).
Sachverhalt
Die Klägerin ist die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), die Grundversorgerin für elektrische Energie im Bereich Potsdam und zugleich die lokale Netzbetreiberin. Der Beklagte ist ein privater Potsdamer Stromkunde.
Der Beklagte war bis zum 31.01.2008 Stromkunde der damaligen FlexStrom GmbH (heute FlexStrom AG) und wollte ab 01.02.2008 zur TelDaFax Energie GmbH wechseln.
Versehentlich meldete FlexStrom ihre Anschlussnutzung im maschinellen Verfahren jedoch bereits zum 31.12.2007 bei der Klägerin ab, woraufhin die Klägerin am 01.01.2008 selbst die Strombelieferung des Beklagten aufnahm.
Bereits im Dezember 2007 hatte allerdings TelDaFax ihrerseits die Netzanmeldung vorgenommen, also der Klägerin mitgeteilt, den Beklagten ab 01.02.2009 mit Strom beliefern zu wollen. Die Klägerin ließ dies jedoch nicht gelten. Weil sie selbst die Stromversorgung des Beklagten am 01.01.2008 aufgenommen habe, sei ein Grundversorgungsvertrag zwischen ihr und dem Beklagten zustande gekommen. Dieser Vertrag müsse ausdrücklich gekündigt werden. Die bloße Netzanmeldung durch TelDaFax genüge dazu nicht. Im Ergebnis hielt die Klägerin den Beklagten bis zum 31.05.2008 in der angeblichen Grundversorgung fest.
Schließlich sendete die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung über ca. 400,00 Euro. Wäre der Beklagte wunschgemäß ab 01.02.2008 von TelDaFax beliefert worden, hätte ihm der bis 31.05.2009 verbrauchte Strom 63,94 € weniger gekostet. Diesen Schadensbetrag und diverse Anwaltskosten rechnete der Beklagte gegen die Rechnungsforderung der Klägerin auf und zahlte nur den verbleibenden Restbetrag.
Die Klägerin hielt die Schadensersatzforderungen des Beklagten jedoch für unbegründet und erhob Zahlungsklage vor dem Amtsgericht Potsdam. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte.
Die Entscheidung des Amtsgerichts Potsdam
Das Amtsgericht Potsdam wies die Klage in vollem Umfang ab und gab damit dem Stromkunden in allen Punkten Recht.
Selbst wenn durch die Aufnahme der Belieferung des Beklagten am 01.01.2008 ein Grundversorgungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zustande gekommen wäre, so referiert das Gericht, ist dieser durch die rechtzeitig erfolgte Netzanmeldung durch TelDaFax zum 31.01.2008 wieder beendet worden. Die Netzanmeldung enthielt insofern konkludent die Kündigung eines evtl. bestehenden Grundversorgungsvertrages.
Dadurch, dass die Klägerin den Beklagten dennoch über den 31.01.2008 hinaus an der angeblichen Grundversorgung festhielt, hat sie ihre vertraglichen Pflichten gegenüber dem Beklagten schuldhaft verletzt. Sie haftet dem Beklagten daher gem. § 280 BGB für alle entstandenen Schäden. Dazu gehören sowohl die Mehrkosten, die dem Kläger durch den verzögerten Wechsel zu dem preiswerteren Stromlieferanten entstanden sind, als auch die Kosten eines Anwalts, den er außergerichtlich mit der Durchsetzung seiner Rechtsposition beauftragt hatte.
Fazit
Die Energie und Wasser Potsdam GmbH scheint noch immer der Denkweise des ehemaligen Monopolversorgers verhaftet zu sein. Um so erfreulicher ist es, dass das Amtsgericht Potsdam wörtlich von einer "schon fast rüden Vorgehensweise" des Unternehmens spricht und in aller Deutlichkeit vor Augen führt, dass die rechtswidrige Verzögerung das Wechsel eines Stromkunden zu einem anderen Stromlieferanten Schadensersatzansprüche des Stromkunden nach sich ziehen kann.
Es bleibt zu hoffen, dass das Urteil möglichst viele Verbraucher, die von ihrem lokalen Energieversorger bei einem Lieferantenwechsel ähnlich behindert wurden, ermutigt, ihre Rechte offensiv geltend zu machen und ihnen durch die Verzögerung des Lieferantenwechsels entstandene Mehrkosten notfalls auch einklagen.
Haben Sie Ähnlichen erlebt? Hier können Sie uns Ihre Erfahrungen mitteilen!
Quelle: Dem Verein liegt ein Abdruck des Urteils vor.
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20.11.2009
Landgericht Hambung erklärt Klauseln in Lebensversicherung für unwirksam, die den Kunden nicht das volle Ausmaß ihrer wirtschaftlichen Nachteile bei einer Kündigung oder Beitragsfreistellung vor Augen führen
Das Landgericht Hambung hatte über eine Klage der Hamburger Verbraucherzentrale gegen die Versicherer Deutscher Ring, Hamburg-Mannheimer und Generali (vormals Volksfürsorge) zu entscheiden. Hintergrund der Klage war der Umstand, dass Kunden, die ihre Lebensversicherung bereits in den ersten Jahren nach dem Abschluss wieder kündigen i.d.R. keinen oder nur einen minimalen Anteil der bis dahin eingezahlten Versicherungsprämie wieder zurück erhalten. Die Verbraucherzentrale stellte daher die Versicherungsbedingungen ausgewählter Versicherer auf den Prüfstand und erhob Klage gegen die drei genannten Versicherungen. Das Landgericht Hambung bestätigte die Auffassung der Hamburger Verbraucherzentrale. Die für die Kunden sehr nachteilge Rechtsfolgen einer Kündigung werden in den entsprechenden Klauseln der Versicherungsbedigungen so verschleichert dargestellt wird, dass den Transparenzerfordernissen nicht genügt ist (Urt. v. 20.11.2009, Az.: 324 O 1116/07, 324 O 1136/07 und 324 O 1153/07).
Achtung: Für betroffene Versicherte besteht aufgrund drohender Verjährung u.U. Handlungsbedarf bis zum Jahresende 2009.
11.11.2009
BGH billigt vorformuliertes Einverständnis zur Weitergabe persönlicher Daten (hier: Happy Digits)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine vorformulierte Einverständniserklärung zur Weitergabe von Kundendaten zu Zwecken der Briefwerbung für zulässig erklärt. Allerdings könne die Klausel von den Kunden durchgestrichen werden. Damit scheiterte eine Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen das Rabattkarten-Unternehmen "Happy Digits" jedenfalls teilweise (Urt. v. 11.11.2009, Az.: VIII ZR 12/08).
Sachverhalt
Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucher-verbände. Die Beklagte organisiert und betreibt das Kundenbindungs- und Rabattsystem "HappyDigits". Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung von Klauseln in Anspruch, die diese in ihren Anmeldeformularen verwendet. Im Revisionsverfahren hatte der BGH noch über die Wirksamkeit zweier Klauseln zu entscheiden.
Die erste, in der Mitte des Formulars platzierte und zusätzlich umrandete Klausel, deren Verwendung das Berufungsgericht untersagt hat, lautet:
"Einwilligung in Beratung, Information (Werbung) und Marketing
Ich bin damit einverstanden, dass meine bei HappyDigits erhobenen persönlichen Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum) und meine Programmdaten (Anzahl gesammelte Digits und deren Verwendung; Art der gekauften Waren und Dienstleistungen; freiwillige Angaben) von der D GmbH [...] als Betreiberin des HappyDigits Programms und ihren Partnerunternehmen zu Marktforschungs- und schriftlichen Beratungs- und Informationszwecken (Werbung) über Produkte und Dienstleistungen der jeweiligen Partnerunternehmen gespeichert, verarbeitet und genutzt werden. [...] Sind Sie nicht einverstanden, streichen Sie die Klausel [...]"
Die zweite, vor der Unterschriftenzeile platzierte Klausel, die das Berufungsgericht nicht beanstandet hat, lautet:
"Die Teilnahme an HappyDigits erfolgt auf Grundlage der Allgemeinen Teilnahmebedingungen, die Sie mit Ihrer Karte erhalten und die Sie dann mit Ihrer ersten Aktivität, z.B. Sammeln, anerkennen."
Verfahrensgang
1. Instanz: LG Köln – Urt. v. 09.05.2007 – 26 O 358/05
2. Instanz: OLG Köln – Urt. v. 14.12.2007 – 6 U 121/07
Die Entscheidung des BGH
Zur ersten Klausel
Der BGH hat entschieden, dass die erste Klausel wirksam ist. Sie betrifft allein die Einwilligung in die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten für die Zusendung von Werbung per Post sowie zu Zwecken der Marktforschung. Wie der Bundesgerichtshof nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 348/06 – "Payback"), bilden die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) insoweit den alleinigen Prüfungsmaßstab für die Frage, ob durch eine solche Einwilligung Regelungen vereinbart worden sind, die im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen.
Unter dem Gesichtspunkt datenschutzrechtlicher Bestimmungen ist die Klausel nicht zu beanstanden. Danach kann die Einwilligung in die Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, sofern sie – wie hier – besonders hervorgehoben wird. Zwar sieht die Klausel – im Gegensatz zu der Klausel, die Gegenstand der "Payback"-Entscheidung vom 16. Juli 2008 war – nicht die Möglichkeit vor, zu ihrer Abwahl ein zusätzliches Kästchen anzukreuzen, sondern weist fettgedruckt auf die Möglichkeit zur Streichung der Klausel hin. Die Möglichkeit zur Abwahl durch Ankreuzen ist aber nicht zwingend, wenn die Klausel eine andere Abwahlmöglichkeit enthält und dem Hervorhebungserfordernis des § 4a Abs. 1 BDSG1 gerecht wird. Das ist hier der Fall. Die Klausel 1 ist in der Mitte des eine Druckseite umfassenden Formulars platziert und als einziger Absatz der Seite mit einer zusätzlichen Umrahmung versehen, so dass sie schon deshalb Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der fettgedruckten Überschrift lässt sich schon aufgrund des verwendeten Worts "Einwilligung" unmittelbar entnehmen, dass sie ein rechtlich relevantes Einverständnis des Verbrauchers mit Werbungs- und Marketingmaßnahmen enthält, die – was einem durchschnittlich verständigen Verbraucher bekannt ist – in aller Regel mit einer Speicherung und Nutzung von Daten einhergehen.
Daran hat sich auch durch die Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes mit Wirkung vom 1. September 2009 nichts geändert. Nach § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG nF2 ist die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Adresshandels oder der Werbung zulässig, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie nach § 28 Abs. 3a Satz 2 BDSG nF3 in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben. Die in der Regelung enthaltenen Anforderungen sollen nach der Gesetzesbegründung denen entsprechen, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 16. Juli 2008 an die Hervorhebung der Einwilligungserklärung gestellt hat. Auch nach der neuen Fassung des Bundesdatenschutzgesetzes ist somit eine "opt-out"-Regelung zur Erteilung der Einwilligung in die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke der Werbung per Post zulässig. Eine darüber hinausgehende Einwilligung in die Verwendung solcher Daten für Werbung im Wege elektronischer Post (SMS, E-Mail), die nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG4 wirksam nur durch eine gesondert abzugebende Erklärung ("opt-in") erteilt werden kann, ist – anders als im "Payback"-Fall – nicht Gegenstand der von der Beklagten verwendeten Klausel.
Zur zweiten Klausel
Die zweite Klausel hat der BGH indes gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 305 Abs. 2, § 308 Nr. 5 BGB für unwirksam erklärt. Die Klasul soll die Einbeziehung der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Teilnahmebedingungen in die zu schließenden Verträge bewirken, ohne dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen eingehalten sind (§ 305 Abs. 2 BGB). Voraussetzung für die wirksame Einbeziehung ist unter anderem, dass der Verwender der anderen Vertragspartei bei Vertragsabschluss die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von dem Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Die Klausel geht aber davon aus, dass die Allgemeinen Teilnahmebedingungen den Teilnehmern bei Abgabe des Teilnahmeantrags nicht vorliegen, sondern erst später mit der Karte übersandt werden. In den somit ohne Einbeziehung der Allgemeinen Teilnahmebedingungen zustande gekommenen Vertrag sollen diese sodann nachträglich dadurch einbezogen werden, dass das Einverständnis der Teilnehmer mit der darin liegenden Vertragsänderung durch die erste Verwendung der Karte unter Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB fingiert wird. Darin liegt eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher.
Fazit
Damit billigt der BGH das in den Vertragsunterlagen von "Happy-Digits" für die datenschutzrechtliche Einwilligung verwendete sog. "Opt-out"-Modell, nachdem der Verwender eine Klausel vorgibt, die der Verbraucher bei nichtgefallen explizit streichen muss. Unternimmt der Verbraucher insoweit nichts und unterschreibt das Formular einfach, ist die Einwilligung wirksam.
Demgegenüber befürten wir das sogenannte "Opt-in"-Model. Bei diesem Model kommt umgekehrt eine Einwilligung in die Datenweitergabe nur zustande, wenn der Verbraucher selbst aktiv wird und ausdrücklich zustimmt, indem er die vorgegebene Klausel z.B. durch setzen eines Hakens aktiviert. Unternimmt er insoweit nichts und unterschreibt das Formular einfach, kommt eine Einwilligung nicht zustande.
Aus Sicht des Verbraucherschutzes bedeutet die Entscheidung des BGH einen herben Rückschlag. Schließlich entspricht es der allgemeinen Praxis, dass Verbraucher Vertragsformulare unterschreiben, ohn eeinzelen Klauslen zu streichen. Häufig sidn sie sich der Möglichkeit der Streichung einzelner Klausel gar nicht bewußt oder befürchten, dass der Unternehmer den Vertrag im Falle der Streichung einzelner Klauseln gar nicht annehmen werde. In der Praxis dürfte daher zukünftig in den meisten Fällen die Einwilligung wirksam werden, ohne dass der Verbraucher sich über die Reichweite der ihm untergeschobenen Erklärung überhaupt bewußt ist – ein aus unserer Sicht völlig unbefriedigender Zustand, gegen den der Gesetzgeber einschreiten sollte.
1§ 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG lautet: "Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie besonders hervorzuheben".
2§ 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG nF lautet: "Die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Adresshandels oder der Werbung ist zulässig, soweit der Betroffene eingewilligt hat (…)".
3§ 28 Abs. 3a Satz 2 BDSG nF lautet: "Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorzuheben".
4 § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG lautet: "Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgeräts oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, (...)."
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 228/2009
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21.10.2009
Unzulässige fristlose Kündigung des Vermieters nach unpünktlichen Mietzahlungen durch das Sozialamt
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte zu entscheiden, ob unpünktliche Zahlungen der Miete durch das Sozialamt, welches die Mietzahlungen eines bedürftigen Mieters übernommen hat, den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen (Urt. v. 21.10.2009, Az.: VIII ZR 64/09).
Sachverhalt
Die Beklagten hatte vom Kläger ein Reihenhaus gemietet. Nach dem Mietvertrag war die Miete jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats im Voraus an den Vermieter zu zahlen. Nachdem der Mieter die Miete nicht mehr selbst aufbringen konnte, übernahm das Jobcenter die Mietzahlungen, zahlte aber regelmäßig um einige tage verspätet, weshalb der Kläger den beklagten Mieter zweimal abmahnte. Trotz Vorlage der Abmahnungen des Klägers durch den Beklagten beim Jobcenter war dieses nicht bereit, die Mietzahlungen früher anzuweisen. Im Juni 2008 kündigte der Kläger das Mietverhältnis unter Berufung auf verspätete Mietzahlungen. Mit der Klage begehrt er die Räumung des Reihenhauses und die Erstattung vorgerichtlicher Auslagen.
Verfahrensgang
Das AG Weilheim i. OB hat die Kalge abgewiesen (Urt. v. 19.08.2008 – 1 C 214/08 ). Das LG München II als Berufungsinstanz hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urt. v. 10.02.2009 – 12 S 4884/08). Auch die Revision des Klägers vor dem BGH hatte keinen Erfolg.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH hat entschieden, dass die Klausel unwirksam ist und daher ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen die Mieter
wegen unterlassener Schönheitsreparaturen nicht besteht. Die Klage des Vermieters hat daher keinen
Erfolg. Nach Auffassung des BGH stellt die Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB dar,
wenn sie nicht allein auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Rückgabe beschränkt ist. Eine
derartige Klausel benachteiligt den Mieter regelmäßig deshalb unangemessen, weil sie ihn auch
während des Mietverhältnisses zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbwahl
verpflichtet und dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränkt, ohne
dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht.
Fazit
Der BGH hat entschieden, dass der Kläger nicht berechtigt war, das Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 1 BGB wegen der unpünktlichen Mietzahlungen fristlos zu kündigen.
Für die Beurteilung, ob ein Grund zur fristlosen Kündigung nach dieser Vorschrift gegeben ist, bedarf es der Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Das Berufungsgericht hat zu Recht nicht isoliert auf die unpünktlichen Zahlungen abgestellt, sondern bei der Interessenabwägung berücksichtigt, dass die Beklagten seit April 2008 auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sind und dass die seither eingetretenen Zahlungsverzögerungen von jeweils einigen Tagen darauf beruhen, dass das Jobcenter nicht zu einer früheren Zahlungsanweisung bereit ist.
Die Mieter müssen sich im Rahmen der Abwägung nach § 543 Abs. 1 BGB auch nicht ein etwaiges Verschulden des Jobcenters zurechnen lassen. Das Jobcenter handelt bei der Übernahme der Mietzahlungen nicht als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Mieters, sondern nimmt ihm obliegende hoheitliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr. Der Mieter schaltet die Behörde nicht als Hilfsperson zur Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietverhältnis ein; vielmehr wendet er sich an die staatliche Stelle, um den eigenen Lebensunterhalt sicherzustellen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Jobcenter anschließend die Kosten der Unterkunft an den Hilfebedürftigen selbst zahlt oder direkt an den Vermieter überweist.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 217/2009
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23.09.2009
Schönheitsreparaturklausel: "Weißen" der Decken während der Mietzeit
Der u.a. für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichthofs (BGH) hatte sich wieder einmal mit der Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln zu befassen. Diesmal ging es um die Frage, ob eine Schönheitsreparaturklausel insgesamt unwirksam ist, wenn sie auch das "Weißen" der Decken während der Mietzeit umfasst (Urteil vom 23.09.2009; Az.: VIII ZR 344/08).
Sachverhalt
Die beklagten Mieter einer Wohnung in Berlin waren nach § 3 Abs. 6
eines Formularmietvertrages zur Übernahme der Schönheitsreparaturen
verpflichtet. Nach der Klaseul umfaßten die Schönheitsreparaturen:
„...insbesondere: Anstrich und Lackieren der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von
innen sowie sämtlicher Holzteile, Versorgungsleitungen und Heizkörper, das Weißen der Decken
und Oberwände sowie der wischfeste Anstrich bzw. das Tapezieren der Wände.”
Dieser Verpflichtung kamen die Mieter bei ihrem Auszug nicht nach und wurden darauf hin vom Vermieter auf
Schadensersatz in Anspruch genommen.
Verfahrensgang
Das Amtsgericht Schöneberg hat der Klage teilweise stattgegeben (Urt. v. 31.01.2007 - 5a C 59/06 ). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Berlin als
Berufungsinstanz die Zahlungsklage wegen unterlassener Schönheitsreparaturen abgewiesen (Urt. v. 11.11.2008 - 63 S 64/07). Die
vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH hat entschieden, dass die Klausel unwirksam ist und daher ein Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen die Mieter
wegen unterlassener Schönheitsreparaturen nicht besteht. Die Klage des Vermieters hat daher keinen
Erfolg. Nach Auffassung des BGH stellt die Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Mieters nach § 307 BGB dar,
wenn sie nicht allein auf den Zustand der Wohnung im Zeitpunkt der Rückgabe beschränkt ist. Eine
derartige Klausel benachteiligt den Mieter regelmäßig deshalb unangemessen, weil sie ihn auch
während des Mietverhältnisses zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Farbwahl
verpflichtet und dadurch in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs einschränkt, ohne
dass dafür ein anerkennenswertes Interesse des Vermieters besteht.
Fazit
Der BGH führt in konsequenter Weise seine Rechtsprechung zu den Schönheitsreparaturklauseln in
Formularmietverträgen fort. Zwar ist die Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter durch AGB
grundsätzlich möglich, der dem Vermieter verbleibende Gestaltungsspielraum wird jedoch immer geringer. In der Sache ist das Urteil freilich richtig, denn der Vermieter hat von einer bestimmten Dekoration der Wohnung keinen anerkenneswerten Vorteil, solange die Wohnung vertragsgemäß im Gebrauch des Mieters ist.
Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH: Nr. 192/2009
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17.07.2009
Bundesgerichtshof kippt Preisanpassungsklauseln in Gasversorgungsverträgen
In zwei Urteilen vom 17.07.2009 (Az. VIII ZR 56/08 und VIII ZR 225/07) setzt sich der Bundesgerichtshof (BGH) wiederum mit der Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln von Gasversorgungsunternehmen auseinander. Betroffen waren Klauseln des Berliner Gasversorgers Gasag und eines Niedersächsischen Energieversorgers.
Der BGH hat mit den beiden Entscheidungen erneut die Rechte der Gaskunden gestärkt. Im Streit standen Preisanspassungsklauseln in sogenannten Sonderverträgen, die den Versorgungsunternehmen bei Marktveränderungen zwar ein Recht auf Preiserhöhungen einräumten, sie umgekehrt jedoch nicht verpflichteten, günstigere Einkaufspreise ebenfalls an die Verbraucher weiterzureichen. Der BGH sah hierin eine unangemessener Benachteiligung der Kunden, weshalb er die Klauseln gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzesbuches (BGB) für unwirksam
erklärte.
Zum Sachverhalt
Im Streit stand folgende Klausel:
„Der Gaspreis folgt den an den internationalen Märkten notierten Ölpreisen. Insofern ist der
Versorger berechtigt, die Gaspreise … auch während der laufenden Vertragsbeziehung an die
geänderten Gasbezugskosten des Verbrauchers anzupassen. Die Preisänderungen schließen
sowohl Erhöhung als auch Absenkung ein.“
Die Gasversorger hatten sich mit der Klausel die Option offen gelassen, die Gaspreise jederzeit den
Marktbezugskosten anzupassen. Dies hatte zur Konsequenz, dass im Rahmen der Koppelung des
Gaspreises an den Ölpreis von dieser
für die Verbraucher nachteilhaften Klausel vermehrt Gebrauch gemacht wurde und die Kosten für die Verbraucher stetig erhöht wurden.
Der Beklagte Gasversorger erhöhte den Netto-Arbeitspreis zum 01.10.2005 um 0,5 Cent/kWh
auf 4,1 Cent/kWh und zum 01.01.2006 um weitere 0,5 Cent/kWh auf 4,6 Cent/kWh.
Verfahrensgang
Mit seiner
Klage hatte der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Preiserhöhungen unwirksam seien. Dem
folgte das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht und gab dem Kläger Recht. Der dagegen gerichteten Berufung des Gasversorgers gab das Landgericht jeodch statt. Hiergegen legte nunmehr der Kläger Revision ein.
Die Entscheidung des BGH
Die Revision des Klägers vor dem BGH hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des BGH entschied, dass die Klausel gegen § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB verstößt und dem Versorger deshalb kein Recht zur einseitigen Änderung des Gaspreises zusteht. Auch durch eine Preiserhöhung nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV dürfte der Versorger die Preise
nicht erhöhen, weil es sich bei dem Kläger nicht um einen Tarifkunden im Sinne von § 1 Abs. 2
AVBGasV handelte. Insofern besteht ein Unterschied zwischen Tarifkundenverträgen nach § 10
Abs. 1 EnWG 1998, § 1 Abs. 1 AVBGasV (jetzt Grundversorgungsverträgen im Sinne von § 36
Abs. 1 EnWG 2005) und Normsonderkundenverträgen mit Haushaltskunden. Erstere sind solche,
für die der Versorger im Rahmen einer Versorgungspflicht tätig wird und letztere die unabhängig
hiervon ihr Angebot im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit mit dem Versorger geschlossen
haben.
Im besagten Fall handelte es sich um einen Sonderkundenvertrag, der vorrangig nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftbedingungen
zu beurteilen ist. Der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB hielt die Klausel nicht stand. Allerdings würde
die Klausel dann der Inhaltskontrolle standhalten, wenn der Versorger das gesetzliche
Preisänderungsrecht nach § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV unverändert in einen Normsonderkundenvertrag übernimmt, also keine Veränderungen vornimmt. Die
Preisanpassungsklausel des Versorgers enthielt aber keine unveränderte Preisanpassungsklausel
nach § 4 AVBGasV, sondern weicht in 2 Punkten zum Nachteil der Kunden davon ab.
So lässt die Klausel des Versorgers bei weiter Auslegung einerseits eine Erhöhung zu, auch ohne
dass sich die Preise insgesamt erhöht haben. § 4 AVBGasV ermöglicht die Weitergabe von
gestiegenen Bezugskosten an Tarifkunden aber nur insoweit, als die Kostensteigerung nicht durch
rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird (BGHZ 172, 315; Urteil vom 19.11.2008 – VIII ZR 138/07; dazu Pressemitteilungen Nr. 70/2007 und Nr. 211/2008).
Desweiteren ist der Versorger nur berechtigt und nicht verpflichtet Preisanpassungen auch
zugunsten der Verbraucher vorzunehmen. Nach § 4 AVBGasV geht aber wegen der Bindung an
billiges Ermessen eine Rechtspflicht einher, gefallenen Gasbezugskosten nach gleichen
Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen (BGHZ 176, 244, dazu
Pressemitteilung Nr. 86/2008).
Folglich sind eine Vielzahl von Klauseln in Gasversorgungssonderverträgen unwirksam. Beide
Urteile haben daher eine erhebliche Tragweite und werden als Folge zu Vertragsveränderungsgesuchen der Versorger führen.
Quelle: Pressemitteilung des BGH: Nr. 153/2009
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27.05.2009
Mieter kann Kosten für die Ausführung nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen vom Vermieter ersetzt verlangen
In einem neuen Urteil vom 27.05.2009 (Az. VIII ZR 302/07) setzt sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage auseinander, ob ein Mieter, der aufgrund einer (unerkannt) unwirksamen Endrenovierungsklausel die von ihm gemietete Wohnung bei seinem Auszug renoviert hat, die Kosten der Renovierung vom Vermieter ersetzt verlangen kann. Der BGH äußert sich auch zur Höhe des Erstattungsanspruchs.
Zum Sachverhalt
Die Kläger hatten in der Zeit von Mai 1999 bis Mai 2006 eine Wohnung des Beklagten gemietet.
Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag enthielt eine Klausel, nach welcher die Mieter
die Schönheitsreparaturen ausführen sollte. Diese Klausel war jedoch so gestaltet, dass sie
entsprechend den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen wegen unangemessener
Benachteiligung der Mieter gem. § 307 BGB unwirksam war. In Unkenntnis dieser Rechtslage
weißten die Kläger im Jahre 2004 die Wohnung. Nachdme sie von der Unriksamkeit der Klausel Kenntnis erlangt hatten,
beanspruchten die Kläger vom Beklagten Vermieter die Erstattung, der für das Weißen der Wand- und Deckenflächen getätigten
Aufwendungen, die sie mit 9 € je Quadratmeter ansetzten.
Verfahrensgang
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 1.620,- € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das
Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen, aber die Revision zugelassen. Der BGH als Revisionsinstanz gab den Klägern indes Recht.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH hat entschieden, dass im Ergebnis jedenfalls ein Erstattungsanspruch der Kläger wegen ungerechtfertigter
Bereicherung des Vermieters in Betracht kommt, weil die Kläger die von ihnen vorgenommenen
Schönheitsreparaturen aufgrund einer unwirksamen Endrenovierungsklausel und damit ohne
Rechtsgrund erbracht haben (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB).
Vertragliche Ansprüche der Mieter gegen den Vermieter lehnte der BGH allerdings ab. Er setzte sich insofern mit der Frage eines
Schadensersatzes gegen den Vermieter wegen Verschuldens bei Vertragsschluss durch die Verwendung der unwirksamen
Klauseln auseinander. Diese verneinte der BGH mangels Verschulden des Vermieters, weil Rechtsprechung zur Unwirksamkeit starrer Schönheitsreparaturklauseln zum damaligen Zeitpunkt
noch nicht vorlag und dei Unwirksamkeit der Klauseln dem Vermieter somit noch nicht bekannt sein mußte. Ferner prüfte der BGH Ansprüche der Mieter aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA, §§ 539 Abs. 1, 677, 683 Satz 1, § 670 BGB). Insofern fehlte es den Mietern aber am erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen.
Den Anspruch auf Wertersatz aus ungerechtfertigter
Bereicherung bejahte der BGH jedoch dem Grunde nach. Ferner äußerte er sich zur Höhe des Erstattungsanspruchs. Der Wert der erbrachten Tätigkeiten bemißt sich insoweit nach
dem Betrag der üblichen, hilfsweise der angemessenen Vergütung für die ausgeführten
Renovierungsarbeiten. Hierbei muß allerdings berücksichtigt werden, dass Mieter bei Ausführung
von Schönheitsreparaturen regelmäßig von der im Mietvertrag eingeräumten Möglichkeit Gebrauch
machen, die Arbeiten in Eigenleistung zu erledigen oder sie durch Verwandte und Bekannte
erledigen lassen. In diesem Fall bemisst sich der Wert der Dekorationsleistungen üblicherweise
nach dem, was der Mieter billigerweise neben einem Einsatz an freier Zeit als Kosten für das
notwendige Material sowie als Vergütung für die Arbeitsleistung seiner Helfer aus dem
Verwandten- und Bekanntenkreis aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen. Dieser Wert ist durch das Gericht nach § 287 ZPO zu schätzen. Da die Berufungsinstanz zur Höhe der angefallenen Kosten noch keine Tatsachen erhoben hatte, hat der BGH die Sache zur Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Fazit
Der BGH stellt klar, dass der Mieter bei unnötigen Renovierungstätigkeiten aufgrund unwirksamer
Schönheitsreperaturklauseln einen Anspruch auf Wertersatz hat. Allerdings lässt der BGH diesen
nur nach Bereicherungsrecht zu, bei dem der Mieter das Entreicherungsrisiko des Vermieters trägt.
Weiterhin geht der BGH davon aus, dass Renovierungstätigkeiten üblicherweise in Eigenleistung
durch den Mieter und/oder dessen Helfer erbracht werden. Der Wert beläuft sich dann nicht auf die Kosten
einer professionellen Renovierung. Vielmehr ist der objektive Wert
der Leistung zugrunde zu legen, der sich nach der verwendeten Zeit, den Materialkosten und ggf. Helferkosten richtet. Das Gericht
muß den Wert der Tätigkeiten notfalls schätzen. Werden allerdings die Arbeiten professionell von Dritten
ausgeführt, so kommt ein Ersatz dieser Kosten in Betracht.
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12.05.2009
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) erzielt gerichtlichen Teilerfolg gegen Opendownload.de
Mit einem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.05.2009, Az. 2 O 268/08 hat die vzbv jedenfalls einen Teilerfolg gegen die Firma Content Services Ltd., den Betreiber der Internetportals opendownload.de errungen. Dem Unternehmen wurde u.a. untersagt, auf seiner Internetseite eine Klausel zu verwenden, nach der die Nutzer des Internetportals beim Abschluss dort angebotener Downloadverträge automatisch auf ihr gesetzliches Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen verzichten sollten. Unmittelbar verpflichtet das Urteil zwar nur zur Unterlassung der Verwendung der entsprechenden Klausel. In praktischer Hinsicht dürfte dem Urteil aber darüber hinausgehend zu entnehmen sein, dass viele der auf dem Portal abgeschlossen Downloadverträge noch widerrufbar sind. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. So bleibt abzuwarten, wie das Oberlandesgericht Karlsruhe als zuständiges Berufungsgericht den Fall beurteilen wird.
Um auf dem von der Content Services Ltd. betriebenen Internetportal opendownload.de Dateien downloaden zu können, muss mann zunächst "Mitglied" werden um den sog. "Member-Bereich" nutzen zu können. Der Vertrag soll für die Dauer von mindestens 2 Jahren abgeschlossen werden, wobei das jährliche Nutzungsentgelt 96 € beträgt. Unter dem Formular, in das der Nutzungswillige zwecks Anmeldung seine persönliche Daten eingeben sollte, war der Text angebracht: "Ich akzeptiere die AGB und die Datenschutzerklärung und verzichte auf mein Widerrufsrecht." Der Anmeldedialog konnte nur fortgesetzt werden, nachdem der Nutzungswillige diese Bedingung durch setzen eines Häckchens akzeptiert hatte.
Das Landgerichts Mannheim hat die weitere Verwendung dieser Klausel untersagt. Nach Auffassung ist die Klausel unwirksam, weil sie im Widerspruch zu §§ 355, 312d Abs. 1 BGB steht. Nach diesen Normen steht dem Verbraucher beim Abschluss eines Fernabsatzvertrages ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, dass § 312f BGB nicht zu Lasten des Verbrauchers verkürzt werden darf.
Unmittelbar verpflichtet das Urteil die Content Services Ltd. zwar nur zur Unterleassung der Verwendung der entsprechenden Klausel. In praktischer Hinsicht dürfte dem Urteil aber darüber hinausgehend zu entnehmen sein, dass viele der auf dem Portal abgeschlossen Downloadverträge noch widerrufbar sind.
Generell steht Verbrauchern beim Abschluss von Fernabsatzverträgen - und um solche handelt es sich bei den auf Opendownload.de geschlossenen Verträgen - ein Widerrufsrecht zu. Die Ausübung dieses Widerrufsrechts ist zwar an bestimmte, kurze Fristen gebunden. Gem. § 355 Abs. 2, Abs. 3 S. 3 BGB beginnt der Lauf der Frist jeodch nur, wenn dem Verbraucher eine ordnungsgemäße, d.h. auch inhaltlich richtige Belehrung über sein Widerrufsrecht erteilt wurde. Belehrungen, die auf den unwirksamen "freiwilligen" Verzicht auf das Widerrufsrecht Bezug nehmen, sind jedoch falsch, womit die kurze Widerrufsfrist nicht läuft. Damit dürften die meisten auf Opendownload.de abgeschlossenen Verträge noch widerrufbar sein.
Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. wird sich unter der Rubrik Aktuelles Thema demnächst ausführlich mit dem Urteil befassen und konkrete Tips zum Umgang mit Rechnungen der Firma Content Services Ltd. geben.
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31.03.2009
Weniger Werbeanrufe und mehr Verbraucherschutz - Bundestag beschließt Gesetz gegen unerlaubte Telefonwerbung
Verbraucher werden künftig wirksamer vor einer Störung ihrer Privatsphäre durch unerlaubte Telefonwerbung geschützt. Der Bundestag hat das "Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen" in zweiter und dritter Lesung verabschiedet. Danach können künftig unter anderem Verstöße gegen das bestehende Verbot der unerlaubten Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Dies teilt das Bundesjustizministerium am 26.03.2009 mit.
"Heute ist ein guter Tag für die Verbraucherinnen und Verbraucher in unserem Land - wir schaffen neues Recht, das sie besser vor unseriösen Geschäftspraktiken schützt. Bei einem untergeschobenen Tarif- oder Anbieterwechsel merkt der Kunde vielleicht erst Wochen später, dass der neue Telefontarif oder der neue Anbieter von Strom, Gas oder Wasser viel teurer ist, der alte Vertrag aber gekündigt wurde. Künftig muss der alte Tarif oder Vertrag schriftlich gekündigt werden. So merkt man, woran man ist", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
"Zudem führen wir zusätzliche Widerrufsrechte ein und schaffen damit punktgenau dort Abhilfe, wo in der Praxis Probleme auftraten: zum einen bei Wett- und Lotteriedienstleistungen sowie Zeitungs- bzw. Zeitschriftenverträgen, zum anderen bei Dienstleistungen im Telekommunikationsbereich, vor allem im Internet. Verbraucherinnen und Verbraucher können sich künftig ohne Angabe von Gründen regelmäßig innerhalb von einem Monat von allen telefonisch abgeschlossenen Verträgen lösen. Die neuen Widerrufsrechte sichern wirksam Verbraucherinteressen, ohne dass sie die Wirtschaft mit unpraktikablen Regelungen belasten. Auch in Zukunft soll es möglich bleiben, reibungslos Waren und Dienstleistungen telefonisch oder über das Internet zu bestellen", erläuterte Zypries.
"Unseriöse Firmen, die sich über das bestehende Verbot unerlaubter Telefonwerbung hinwegsetzen, können mit empfindlichen Geldbußen belegt werden. Um der schwarzen Schafe der Branche besser habhaft zu werden, darf außerdem bei Werbeanrufen in Zukunft die Rufnummer nicht mehr unterdrückt werden. Bei Verstößen drohen ebenfalls empfindliche Geldbußen", erklärte Zypries weiter.
Aktuelle Rechtslage
Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung ist schon nach geltendem Recht ausdrücklich verboten. Sie stellt eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG dar. Wer diesem Verbot zuwider handelt, kann unter anderem von Mitbewerbern oder von Organisationen wie zum Beispiel den Verbraucherschutzverbänden auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Außerdem besteht ein Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Anrufer fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Bei vorsätzlichem Handeln sieht das UWG einen Anspruch auf Gewinnabschöpfung vor. Unseriöse Firmen setzen sich aber zu Lasten der Verbraucher immer wieder über dieses Verbot hinweg und die Durchsetzung des geltenden Rechts stößt in der Praxis auf Schwierigkeiten.
Verbesserungen durch das neue Gesetz
- Verstöße gegen das bestehende Verbot der unerlaubten Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern können künftig mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Außerdem wird im Gesetz klargestellt, dass ein Werbeanruf nur zulässig ist, wenn der Angerufene vorher ausdrücklich erklärt hat, Werbeanrufe erhalten zu wollen. So wird verhindert, dass sich Anrufer auf Zustimmungserklärungen berufen, die der Verbraucher in einem völlig anderen Zusammenhang oder nachträglich erteilt hat.
- Bei Werbeanrufen darf der Anrufer seine Rufnummer nicht mehr unterdrücken, um seine Identität zu verschleiern. Viele unerwünschte Werbeanrufe werden bislang nicht verfolgt, weil sich nicht feststellen lässt, wer angerufen hat. Denn die Unternehmen machen in der Regel von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Rufnummer zu unterdrücken. Dies wird nun durch das Telekommunikationsgesetz (TKG) verboten. Bei Verstößen gegen das Verbot der Rufnummernunterdrückung droht eine Geldbuße bis zu 10.000 Euro.
- Der Schutz vor untergeschobenen Verträgen, einschließlich der so genannten Kostenfallen im Internet, wird verbessert:
Wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht in Textform belehrt wurde, kann er Verträge über Dienstleistungen, die er am Telefon oder im Internet abgeschlossen hat, künftig widerrufen. Bislang gibt es in solchen Fällen kein Widerrufsrecht mehr, wenn der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen oder der Verbraucher die Ausführung selbst veranlasst hat. Unseriöse Unternehmer haben diese Regelung gezielt ausgenutzt, um Verbrauchern am Telefon oder im Internet Verträge unterzuschieben.
Widerruft der Verbraucher einen solchen Vertrag, muss er die bis dahin vom Unternehmer erbrachte Leistung nur dann bezahlen, wenn er vor Vertragsschluss auf diese Pflicht hingewiesen worden ist und er dennoch zugestimmt hat, dass die Leistung vor Ende der Widerrufsfrist erbracht wird. Das Unterschieben von Verträgen wird damit wirtschaftlich uninteressant, weil Unternehmen auf eigenes Risiko leisten.
- Außerdem bedarf die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses oder die Vollmacht dazu im Fall des Anbieterwechsels zukünftig der Textform, wenn der neue Anbieter gegenüber dem bisherigen Vertragspartner des Verbrauchers auftritt. Hierdurch soll verhindert werden, dass ein neuer Anbieter den Vertrag des Verbrauchers mit seinem bisherigen Anbieter ohne entsprechenden Auftrag des Verbrauchers kündigt. Hierzu ist es durch unseriöse Anbieter von Telefondienstleistungen häufiger gekommen.
In-Kraft-treten
Das vom Bundestag beschlossene Gesetz muss noch den Bundesrat passieren. Einer Zustimmung des Bundesrates bedarf es aber nicht. Das Gesetz wird am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
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