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29.06.2017

Rücklastschrift- und Mahnpauschale von 1 & 1 i.H.v. 5,00 € bzw. 2,50 € sind überhöht

Das Oberlandesgericht Koblenz hat entschieden, dass die Rücklastschriftpauschale der 1 & 1 Telecom GmbH und der 1 & 1 Mail & Media GmbH (GMX) i.H.v. 5,00 € und die Mahnpauschale dieser Unternehmen i.H.v. 2,50 € überhöht und damit unzulässig sind (Urt. v. 29.06.2017, Az. 2 U 486 / 16).

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte zu 1., die 1 & 1 Telecom GmbH, bietet Telekommunikationsdienstleistungen an. Ihre Preislisten enthielten folgende Einträge:

Abrechnungsintervall
Rechnung, Kommunikation & Sonstiges
BemerkungenKommunikationPreise
Mahngebür je Mahnung2,50 €
Rücklastschriftgebühr (Kosten Rücklastschrift und Bearbeitungsgebühr) je Rücklastschrift5,00 €

Die Beklagte zu 2., die 1 & 1 Mail & Media GmbH, betreibt u.a. das bekannte Internetportal GMX. Ihre AGB enthielten folgende Klauseln:

Preise und Zahlung

Im Verzugsfall ist GMX weiterhin berechtigt, für jede Mahnung eine Mahngebühr in Höhe von 2,50 Euro zu fordern, es sei denn, der Kunde weist nach, dass ein Schaden überhaupt nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist. Kann GMX einen höheren Verzugsschaden nachweisen, kann GMX diesen ebenfalls geltend machen.

Bei Zahlung der Entgelte durch Lastschrifteinzug berechnet GMX 5,00 Euro pro Rücklastschrift, wenn der Kunde die Rücklastschrift zu vertreten hat, es sei denn der Kunde weist nach, dass ein Schaden überhaupt nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden ist.

Der Kläger mahnte die Beklagten im August 2015 wegen der Rücklastschrift- und Mahngebühren ab. Er ist der Auffassung, dass beide Gebührenkauseln wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 5a BGB* unwirksam sind, weil die Pauschalen den den Beklagten Falle einer Rücklastschrift bzw. für eine Mahnung durchschnittlich anfallenden Kosten übersteigen. Die Beklagten weigerten sich jedoch, die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, so dass der Kläger Unterlassungsklage erhob.

Verfahrensgang:

Das Landgericht Koblenz gab der Klage hinsichtlich der Rücklastschriftgebührenklauseln statt, weil die Beklagte nicht bewiesen haben, dass die Höhe der Pauschalen den durchschnittlichen Rücklastschriftkosten entspricht. Die Mahnpauschalenklauseln hielt das Landgericht jedoch für wirksam und wies die Klage insoweit ab. Die Höhe der Mahnkosten könne das Gericht schätzen, auch wenn die Beklagten dazu nichts Konkretes vorgetragen haben (Urt. v. 20.04.2016, Az. 15 O 298/15). Dier Beklagten und der Kläger legten gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung zum Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz) ein. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Berufung des Klägers hatte Erfolg. Das OLG lies die Revision nicht zu.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz:

Das OLG Koblenz wies die Berufung der Beklagten zurück. Nach Auffassung des OLG Koblenz hat das Landgericht den Beklagten zu Recht die Verwendung der Rücklastschriftpauschalenklauseln untersagt. Die Beklagten haben den ihnen obliegenden Beweis, dass die Höhe der Rücklastschriftpauschalen dem gewöhnlichen Rücklastschriftschaden entspricht, nicht erbracht. Nach Auffassung des OLG tragen die Beklagten als Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Höhe des von ihnen in den streitgegenständlichen Klauseln pauschalierten Schadensersatzes die Darlegungs- und Beweislast. Dies gilt auch, soweit sich die Beklagten auf den branchentypischen durchschnittlichen Schaden beziehen (ausdrücklich bestätigt in BGH, Beschl. v. 23.02.2017, Az. III ZR 389/16, Juris Rn. 8). Diesen Beweis haben die Beklagten nicht erbraucht. Sie haben insofern lediglich zu den von ausgewählten Banken im Rücklastschriftfall angeblich erhobenen Kosten vorgetragen. Diese lassen einen Rückschluss auf die durchschnittlichen Kosten jedoch nicht zu. Deshalb kommt vorliegend auch eine Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht. Interne Bearbeitungskosten der Beklagten – Personalkosten bzw. sonstige Vorhaltekosten – sind nicht berücksichtigungsfähig (BGH NJW 2009, 3570).

Der Berufung des Klägers gab OLG Koblenz statt und untersagte den Beklagten auch die Verwendung der Mahnpauschalenklauseln. Die vorgesehene Mahngebühr ist höher, als der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartende Schaden bei den Beklagten.

Auch hinsichtlich der Mahngebühren fehle es an einer zumindest im Ansatz nachprüfbaren Darstellung der Schadensfaktoren, um die Höhe der Schadenspauschale gegen eine willkürliche Festsetzung abzugrenzen. Insoweit verbleibt es bei den auch für die Rücklastschriftgebühr geltenden Grundsätzen. Für eine andere Behandlung der Mahngebühr fehlt es an sachlichen Gründen. Eine diesbezügliche Schätzung gemäß § 287 ZPO kommt nicht in Betracht, da die abstrakt gehaltenen Ausführungen der Beklagten mangels Nachprüfbarkeit der Angaben einen Schluss auf die Angemessenheit der Pauschale nicht zulassen.

Rat und Tat für Sie

Mit dem Urteil steht praktisch fest, dass die 1 & 1 Telecom GmbH und der 1 & 1 Mail & Media GmbH nicht berechtigt sind, von Verbrauchern Rücklastschrift- und Mahnpauschalen von 5,00 € bzw. 2,50 € zu verlangen. Zwar können die Unternehmen gegen die Nichtzulassung der Revision noch Beschwerde beim BGH einlegen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde dürfte aber keine Aussicht auf Erfolg haben, weil die Zulassungsvoraussetzungen offensichtlich nicht erfüllt sind. Es ist daher zu erwarten, dass das Urteil rechtskräftig wird.

Wenn die 1 & 1 Telecom GmbH oder die 1 & 1 Mail & Media GmbH auch von Ihnen Rücklastschrift- oder Mahngebühren von 5,00 € bzw. 2,50 € oder höher verlangt haben, können Sie die Gebühren zurückverlangen. Beachten Sie aber, dass die Rückforderungsansprüche der Verjährung binnen drei Jahren zum Jahresende unterliegen. Der Rückzahlung von Ihnen im Jahre 2014 zu Unrecht gezahlter Pauschalen können die Unternehmen daher ab 01.01.2018 wegen Verjährung verweigern, wenn Sie nicht vorher z.B. einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragt haben haben.

Haben Sie die Pauschalen gezahlt und wollen sie nun zurückfordern? Gern können Sie dazu die Rückforderungsformulare auf unserer Download-Seite nutzen.

Weigert sich die 1 & 1, die Pauschalen freiwillig zurückzuzahlen? In unserem Online-Rechtsberatungsforum beraten wir Sie bei Bedarf gern individuell zu Ihrem Fall.


Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

* § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)
die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;


Quelle: Entscheidungsabdruck

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