Deutscher Verbraucherschutzverein e.V.Pressemitteilung |
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Potsdam, den 14.07.2023 |
Insgesamt nahezu 50 Millionen Euro zahlt die Vodafone GmbH nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten mit dem Deutschen Verbraucherschutzverein e.V. an den Bundeshaushalt.
Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hat die Vodafone GmbH in den vergangenen zehn Jahren mehrfach erfolgreich auf Unterlassung der Erhebung überhöhter Rücklastschrift- und Mahnkostenpauschalen in Anspruch genommen. In allen abgeschlossenen Verfahren wurde das Unternehmen rechtskräftig zur Unterlassung verurteilt. Zuletzt hat der Verein das Unternehmen in zwei Verfahren vor dem LG Düsseldorf auf Abschöpfung des mit den überhöhten Pauschalen erzielten Gewinns an den Bundeshaushalt und erneut auf Unterlassung der Erhebung überhöhter Mahnkostenpauschalen verklagt. Diese Verfahren wurden am 06.07.2023 durch Protokollierung eines Vergleichs vor dem Landgericht Düsseldorf, Az. 12 O 188/18, beendet. Nach diesem Vergleich hat die Vodafone GmbH 43,5 Millionen Euro nebst Zinsen, zusammen ca. 49,4 Millionen Euro, an den Bundeshaushalt zu zahlen.
Darüber hinaus verpflichtete sich das Unternehmen, für Mahnungen in Zukunft keine höheren Mahnkostenpauschalen als 1,00 € und für elektronische Mahnungen (z.B. per E-Mail oder SMS) ab 31.12.2024 keine höheren Mahnkostenpauschalen als 0,07 € zu erheben. Damit sind die künftigen Pauschalen der Vodafone GmbH deutlich niedriger als bei anderen Unternehmen.
Viele Unternehmen haben Verbrauchern in der Vergangenheit für das Fehlschlagen einer Lastschrift, z.B. wegen fehlender Kontodeckung, hohe Schadensersatzpauschalen berechnet. In der Telekommunikationsbranche waren noch bis vor zehn Jahren Beträge bis ca. 21,00 € pro Rücklastschrift verbreitet. Nach der gesetzlichen Rechtslage darf die Höhe von Schadensersatzpauschalen von Unternehmen gegenüber Verbrauchern jedoch den im Durchschnitt der geregelten Fälle entstehenden Schaden nicht übersteigen. Die Unternehmen dürfen danach mit Schadensersatzpauschalen ihren Schaden decken, aber keine versteckten Gewinne erwirtschaften. Die Rechtsprechung erkennt zudem nur bestimmte Kostenpositionen des Unternehmens als ersatzfähigen Rücklastschriftschaden an, sodass der ersatzfähige Rücklastschriftschaden großer Telekommunikationsunternehmen bei nur 3,00 € bis 4,00 € liegt. Vor diesem Hintergrund dienen Rücklastschriftpauschalen über 4,00 € offensichtlich nicht der Schadenskompensation, sondern der vorsätzlich rechtswidrigen Erwirtschaftung verdeckter Zusatzgewinne.
Ähnlich verhielt es sich mit Mahnkostenpauschalen. Einige Telekommunikationsunternehmen verlangten von ihren Kunden fast 10,00 €. Nach der Rechtsprechung des BGH sind im Wesentlichen jedoch nur die Material- und Portokosten für das Mahnschreiben ersatzfähig. Das sind zusammen kaum 1,00 €. Bei elektronischen Mahnungen per E-Mail oder SMS fallen so gut wie keine ersatzfähigen Kosten an.
Die Vodafone GmbH verlangte von ihren Kunden im Jahr 2013 Rücklastschriftpauschalen von 13,00 € (später sogar 15,00 €) und Mahnkostenpauschalen von 9,50 €. Die Erhebung dieser Pauschalen wurde dem Unternehmen erstmals auf Antrag des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. durch das LG Düsseldorf (Beschl. v. 07.01.2013, Az. 12 O 649/12) untersagt. Monate später senkte die Vodafone GmbH ihre Rücklastschriftpauschale auf 9,00 € und die Mahnkostenpauschale auf 6,50 €. Auch die Erhebung dieser Pauschalen wurde dem Unternehmen auf Klage des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. untersagt. Es folgten weitere Reduzierungen und wiederum Klagen des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. gegen die reduzierten Pauschalen. Zuletzt wurde der Vodafone GmbH durch das LG Düsseldorf die Erhebung von Rücklastschriftpauschalen von 4,50 € und Mahnkostenpauschalen von 2,80 € untersagt (LG Düsseldorf, Urt. v. 23.06.2021, Az. 12 O 188/18). Die Unterlassungstitel sind inzwischen rechtskräftig.
Zwar konnten Verbraucher von ihnen gezahlte überhöhte Pauschalen unter Berufung auf die vom Deutschen Verbraucherschutzverein e.V. erwirkten Urteile von der Vodafone GmbH zurückfordern. Erwartungsgemäß haben die meisten Verbraucher von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht, da bei Kleinbeträgen wie überhöhten Rücklastschrift- und Mahnkostenpauschalen der wirtschaftliche Nutzen der Rückforderung für den einzelnen Verbraucher meist in keinem sinnvollen Verhältnis zu dem Aufwand steht, den er betreiben muss, um den Betrag zurückzuerhalten. Inzwischen sind die meisten Rückforderungsansprüche der geschädigten Verbraucher verjährt.
Da diese Entwicklung abzusehen war, hat sich der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. bereits im Jahr 2015 entschieden, die Vodafone GmbH – wie auch einige andere große Telekommunikationsunternehmen – nicht nur auf Unterlassung, sondern auch auf Abschöpfung des mit den überhöhten Pauschalen erzielten Unrechtsgewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit bietet das Gesetz für den Fall, dass ein Unternehmer vorsätzlich gegen Normen des Wettbewerbsrechts verstößt. In derartigen gravierenden Fällen soll der Unternehmer nach dem Willen des Gesetzgebers die zu Unrecht vereinnahmten Gewinne nicht für sich behalten dürfen, auch wenn die betroffenen Verbraucher sie nicht zurückfordern. Qualifizierte Verbraucherschutzverbände können die Abführung der Gewinne an den Bundeshaushalt beanspruchen. Die Anspruchsdurchsetzung erfolgt in der Regel in einem zweistufigen Gerichtsverfahren, in dem der Verbraucherschutzverband von dem Unternehmer erst Auskunft über die erzielten Gewinne und sodann Zahlung der Gewinne an den Bundeshaushalt verlangt. Das Verfahren kann sich daher über viele Jahre hinziehen und ganz erhebliche Kosten verursachen.
Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hatte gegen die Vodafone GmbH für zwei aufeinanderfolgende Zeitabschnitte der Inkassierung überhöhter Pauschalen zunächst zwei Stufenklagen erhoben. Aufgrund des enormen Kostenrisikos hatte der Verein mit Zustimmung des Bundesamts für Justiz einen gewerblichen Prozessfinanzierer eingeschaltet. In beiden Verfahren hat das LG Düsseldorf in erster Instanz entschieden, dass die Vodafone GmbH vorsätzlich rechtswidrig gehandelt hat und das Unternehmen zur Auskunftserteilung über die erzielten Unrechtsgewinne verurteilt (LG Düsseldorf, Urt. v. 11.11.2015, Az. 12 O 5/15; Urt. v. 14.02.2018, Az. 12 O 184/16). Diese Gewinnabschöpfungsklagen scheiterten letztlich jedoch daran, dass der BGH im Revisionsverfahren am 13.09.2018 überraschend geurteilt hatte, dass die Einschaltung eines gewerblichen Prozessfinanzierers generell zur Unzulässigkeit einer Gewinnabschöpfungsklage führe.
Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hat sich vom Fehlschlagen der ersten Klagen jedoch nicht entmutigen lassen und die Vodafone GmbH im Jahr 2019 nochmals auf Abschöpfung derselben Unrechtsgewinne in Anspruch genommen und im Jahr 2022 eine weitere Unterlassungs- und Gewinnabschöpfungsklage wegen der inzwischen auf 2,20 € reduzierten Mahnkostenpauschale erhoben. Diese beiden Verfahren wurden nun mit einem am 06.07.2023 vom LG Düsseldorf protokollierten Vergleich beendet. Nach diesem Vergleich hat sich die Vodafone GmbH bereit erklärt, 43,5 Millionen Euro nebst Zinsen, zusammen fast 49,4 Millionen Euro, an den Bundeshaushalt zu zahlen. Zudem hat sich die Vodafone GmbH strafbewehrt verpflichtet, von Verbrauchern keine höhere Mahnkostenpauschale als 1,00 € mehr zu verlangen. Darüber hinaus wird die Vodafone GmbH nach einer Übergangsfrist ab 31.12.2024 für elektronische Mahnungen höchstens noch 0,07 € verlangen. Damit nimmt das Unternehmen bei der Mahnkostenpauschale nun erstmals sogar eine positive Vorreiterrolle ein, da die meisten Telekommunikationsunternehmen von ihren Kunden – zu Unrecht – noch deutlich höhere Mahnkostenpauschalen verlangen.
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