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Deutscher Verbraucherschutzverein e.V.

Pressemitteilung

Potsdam, den 30.11.2022


Otto GmbH & Co. KG (im Folgenden: Otto) darf ihren Kunden keine Mahngebühren von 4,95 € oder höher in Rechnung stellen.

Das Versandhandelsunternehmen Otto stellte seinen Kunden bis zum Jahr 2020 mit seiner automatisierten Rechungssoftware für die jeweils erste Mahnung 4,95 € und für weitere Mahnungen jeweils 10,00 € in Rechnung. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Otto enthielten solche Pauschalen nicht. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat nun erneut entschieden, dass die Inrech­nung­stellung von Mahnpauschalen durch eine automatisierte Rechungs­software ohne vertragliche Vereinbarung eine unzulässige Umgehung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellt und Otto die Inrechnungstellung der Mahn­pauschalen untersagt.

Auf Klage des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. wurde Otto durch Urteil des Land­gerichts Hamburg vom 17.06.2021, Az. 312 O 201/20, untersagt, von Verbrauchern für Mahnungen Pauschalbeträge von 4,95 € oder höher zu verlangen. Das Landgericht bestätigte mit diesem Urteil die Rechtsauffassung des Vereins, wonach die automatische Inrechnungstellung von Mahngebühren ohne vertragliche Vereinbarung, z.B. in AGB, eine unzulässige Umgehung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellt. Durch eine derartige Umgehungspraktik kann sich ein Unternehmer der Geltung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht entziehen, wie sich aus § 306a BGB* ergibt. Die Umgehungspraktik verstößt gegen § 309 Nr. 5b BGB**, weil Otto ihre Kunden nicht auf die Möglichkeit des Gegenbeweises eines geringeren Schadens hingewiesen hat. Auf die Höhe der Pauschale kam es für die Entscheidung des Landgerichts damit zwar nicht mehr an. Dennoch wies das Landgericht ergänzend darauf hin, dass Otto auch die Höhe der Mahnpauschale nach § 309 Nr. 5a BGB** im Prozess nicht habe rechtfertigen können.

Otto hatte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt. Das Hanseatische Ober­landes­gericht wies die Berufung nun mit Beschluss vom 22.11.2022, Az. 5 U 83/21, zurück. Das Oberlandesgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung unter allen rechtlichen Gesichts­punkten. Die Inrechnungstellung der Pauschale ohne vertragliche Vereinbarung stelle eine Umgehungspraktik dar. Diese sei unzulässig, weil der Hinweis auf die Gegen­beweis­möglichkeit fehle und Otto die Höhe der Mahnpaschale offensichtlich nicht rechtfertigen könne.

Kunden, die an Otto die überhöhten Mahnpauschalen gezahlt haben, können ihr Geld zurück verlangen. Der Deutsche Verbraucher­schutz­verein e.V. hält dazu auf seiner Internetseite ein Formular zum Abruf bereit (www.deutscher-verbraucherschutzverein.de/downloads.html#musterschreiben_pauschalen).


Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

* § 306a Umgehungsverbot
Die Vorschriften dieses Abschnitts finden auch Anwendung, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden.

** § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
  1. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)
    die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
    1. die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
    2. dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;


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