Deutscher Verbraucherschutzverein e.V.Pressemitteilung |
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Potsdam, den 15.02.2016 |
Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hat die Telefónica Germany GmbH & Co. OHG (im Folgenden kurz: Telefónica) – die in Deutschland u.a. unter der Marke O2 Telekommunikationsdienste anbietet – und die mittlerweile ebenfalls zur Telefónica-Gruppe gehörende E-Plus Service GmbH & Co. KG (im Folgenden kurz: E-Plus) in den vergangenen Jahren mehrfach erfolgreich auf Unterlassung der Erhebung überhöhter Rücklastschriftpauschalen in Anspruch genommen. Im Anschluss daran hat er beide Unternehmen auf Abschöpfung des mit den überhöhten Rücklastschriftpauschalen erzielten Gewinns an den Bundeshaushalt verklagt. Diese Gewinnabschöpfungsverfahren wurden nun mit einem Vergleich beendet, in dessen Ergebnis beide Gesellschaften am 11.02.2016 insgesamt 12,5 Mio. € an den Bundeshaushalt gezahlt haben.
Viele Unternehmen haben Verbrauchern in der Vergangenheit für das Fehlschlagen einer Lastschrift, z.B. wegen fehlender Kontodeckung, hohe Schadensersatzpauschalen berechnet. In der Telekommunikationsbranche waren noch Anfang dieses Jahrzehnts Beträge bis ca. 21,00 € pro Rücklastschrift verbreitet. Nach der gesetzlichen Rechtslage darf die Höhe von Schadensersatzpauschalen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, z.B. auch Preislisten, von Unternehmen gegenüber Verbrauchern jedoch den im Durchschnitt der geregelten Fälle entstehenden Schaden nicht übersteigen. Die Unternehmen dürfen mit Schadensersatzpauschalen ihren Schaden decken, aber keine versteckten Gewinne erwirtschaften. Nach Ansicht des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. drängte sich bei Rücklastschriftpauschalen um 20,00 € jedoch auf, dass die Pauschalen nicht der Schadenskompensation, sondern der Erwirtschaftung von Zusatzgewinnen dienten.
Die Telefónica verlangte von ihren O2-Kunden im Jahre 2012 für eine Rücklastschrift in ihren Preisverzeichnissen eine Pauschale i.H.v. 19,00 €. Die Erhebung der Pauschale in dieser Höhe wurde der Gesellschaft auf Klage des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. und der Verbraucherzentrale Berlin e.V. durch das Landgericht München I (Urt. v. 17.01.2013, Az. 12 O 7943/12) untersagt, weil Telefónica nicht nachweisen konnte, dass im Rücklastschriftfall tatsächlich ein durchschnittlicher Schaden von 19,00 € anfällt. Ab dem Jahr 2013 verlangte Telefónica von ihren Kunden noch eine Rücklastschriftpauschale i.H.v. 7,50 €. Auf erneute Klage des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. senkte Telefónica ihre Rücklastschriftpauschale im Oktober 2013 freiwillig auf den noch heute aktuellen Betrag von 4,00 € und ließ deshalb im Anschluss daran vor dem Landgericht München I ein Versäumnisurteil (Urt. v. 28.11.2013, Az. 12 O 17407/13) gegen sich ergehen.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der E-Plus enthielten im Jahre 2012 eine Klausel, nach der ihre Kunden für eine Rücklastschrift eine Pauschale i.H.v. 15,00 € zahlen sollten. Das Oberlandesgericht Brandenburg (Beschl. v. 24.02.2012, Az. 7 W 92/11) hielt diesen Betrag auf Antrag des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. für überhöht und untersagte E-Plus die Verwendung der Klausel. In der Folge reduzierte E-Plus die Pauschale auf 8,50 €. Die Höhe dieser Pauschale konnte E-Plus in einem weiteren Verfahren des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. vor dem Landgericht Potsdam nicht ausreichend nachweisen, so dass ihr die Verwendung der entsprechenden Klausel untersagt wurde (Urt. v. 05.09.2013, Az. 2 O 173/13). Sodann reduzierte E-Plus die Pauschale auf 6,50 €, gab auf die Abmahnung des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. am 19.12.2013 jedoch freiwillig eine Unterlassungserklärung ab und reduzierte die Pauschale nochmals, nun auf den noch heute aktuellen Betrag von 4,00 €.
Alle genannten Entscheidungen sind inzwischen rechtskräftig geworden.
Verbraucher können von ihnen gezahlte überhöhte Pauschalen daher unter Berufung auf diese Urteile von Telefónica und E-Plus zurückfordern, soweit die Ansprüche nicht bereits verjährt sind. Rückforderungsansprüche aus dem Jahr 2013 verjähren zum 31.12.2016.
Aber auch unbeschadet der Verjährungsproblematik ist nicht zu erwarten, dass Verbraucher in größerem Umfang von der Möglichkeit der Rückforderung der Pauschalen Gebrauch machen werden, denn bei Kleinbeträgen wie überhöhten Rücklastschriftpauschalen steht der wirtschaftliche Nutzen der Rückforderung für den einzelnen Verbraucher meist in keinem sinnvollem Verhältnis zu dem Aufwand, den er betreiben muss, um den Betrag zurückzuerhalten.
Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hatte sich daher im Jahre 2015 entschieden, Telefónica und E-Plus gerichtlich auf Abschöpfung des mit den überhöhten Rücklastschriftpauschalen erzielten Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch zu nehmen. Diese Möglichkeit bietet das Gesetz für den Fall, dass ein Unternehmer vorsätzlich gegen Normen des Wettbewerbsrechts verstößt. In derartigen gravierenden Fällen soll der Unternehmer nach dem Willen des Gesetzgebers die zu Unrecht vereinnahmten Gewinne nicht für sich behalten dürfen, auch wenn die betroffenen Verbraucher sie nicht zurückfordern. Qualifizierte Verbraucherschutzverbände können die Abführung der Gewinne an den Bundeshaushalt beanspruchen. Die Anspruchsdurchsetzung erfolgt in der Regel in einem zweistufigen Gerichtsverfahren, in dem der Verbraucherschutzverband von dem Unternehmer Auskunft über die erzielten Gewinne und sodann Zahlung an den Bundeshaushalt verlangt. Das Verfahren kann sich daher, wenn der Rechtsweg ausgeschöpft wird, über viele Jahre hinziehen und ganz erhebliche Kosten verursachen.
Vorliegend hat der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. in den Gewinnabschöpfungsverfahren argumentiert, dass Telefónica und E-Plus bereits seit dem Jahre 2012 vorsätzlich rechtswidrig gehandelt haben, weil sie seitdem zumindest damit rechneten, dass ihre jeweiligen Rücklastschriftpauschalen überhöht und damit rechtlich unzulässig waren. Diesem Vorwurf des vorsätzlich rechtswidrigen Handelns sind Telefónica und E-Plus stets entgegengetreten. Als Grund führten beide Unternehmen u.a. an, dass die von ihnen erhobenen Rücklastschriftpauschalen seinerzeit in der Branche üblich waren. Darüber hinaus habe zu der damaligen Zeit zu der Thematik keine gefestigte Rechtsprechung bestanden.
Der Verein verlangte von Telefónica vor dem Landgericht München I zunächst die Auskunftserteilung über die Höhe der mit den Pauschalen i.H.v. 19,00 € und 7,50 € seit Juni 2012 erzielten Gewinne. Von E-Plus verlangte er vor dem Landgericht Potsdam die Auskunftserteilung über die Höhe der mit den Pauschalen i.H.v. 15,00 €, 8,50 € bzw. 6,50 € seit März 2012 erzielten Gewinne.
Beide Gewinnabschöpfungsverfahren wurden am 08.01.2016 mit einem Vergleich beendet. Nach diesem Vergleich hatten Telefónica und E-Plus insgesamt 12,5 Mio. € an den Bundeshaushalt zu zahlen. Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. geht davon aus, dass beide Unternehmen im Abschöpfungszeitraum mit den überhöhten Pauschalen einen unrechtmäßigen Gewinn i.H.v. insgesamt ca. 25 Mio. € erzielt haben. Die Einigung auf die Hälfte des bei einem Klageerfolg mutmaßlich abzuschöpfenden Gewinns entspricht dem im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses noch offenen Ausgang der Prozesse. Die Zahlung in ganz erheblicher Höhe erfüllt einerseits bereits den Sanktionszweck des Abschöpfungsverfahrens, da die Unternehmen einen erheblichen Teil des mutmaßlichen Gewinns wieder herausgeben mussten. Andererseits wird eine u.U. jahrelange gerichtliche Auseinandersetzung mit ungewissem Ausgang und einem hohen Prozesskostenrisiko vermieden.
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Betroffene Verbraucher können zur Rückforderung überhöhter Rücklastschriftpauschalen die auf unserer Downloadseite abrufbaren Musterschreiben verwenden.
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