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Deutscher Verbraucherschutzverein e.V.

Pressemitteilung

Potsdam, den 23.02.2011


Deutsche Post AG darf Postfächer an Unbekannte vermieten

Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hat versucht, die Deutsche Post AG daran zu hindern, Postfächer an Scheinfirmen zu vermieten, welche die Postfächer zur Abwicklung wettbewerbswidriger Werbung verwenden. Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln) hat einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung jedoch mit Urteil vom 23.02.2011 (Az. 6 W 199/10) letztinstanzlich zurückgewiesen.

Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. beschäftigt sich seit längerer Zeit mit dem Thema wettbewerbswidriger Werbung zu sog. Kaffeefahrten (Tagesausflüge mit angeschlosssener Verkaufsveranstaltung), insbesondere der Anlockung von Teilnehmern mit falschen Gewinnversprechen. Die Methode ist in diesen Fällen immer ähnlich: Vorwiegend ältere Bürger erhalten persönlich adressierte Schreiben, in denen ihnen mitgeteilt wird, sie hätten bei einem Gewinnspiel einen hohen Bargeldbetrag oder wertvolle Sachpreise gewonnen. Der Preis werde ihnen bei Teilnahme an einem Tagesausflug übergeben. Zur Rücksendung einer dem Schreiben beigefügten Anmeldekarte ist lediglich eine Postfachadresse angegeben. Wer tatsächlich an dem Tagesausflug teilnimmt, erlebt fast immer einige böse Überraschungen. Jedenfalls wird er keinen Bargeldgewinn erhalten.

So verhält es sich etwa mit den Scheinfirmen "Lotto-Service-Center", "TB Verlag UG" und neuerdings auch "Schmidt Reisen", die in bundesweit versandten Gewinnmitteilungen behaupten, der jeweilige Empfänger habe bei einem "Gewinnspiel zum neuen Telefonbuch 2010/2011" einen "dritten Preis" über 5.000 € bzw. 2.000 € in bar gewonnen. U.a. durch die Verwendung der Postfachadressen gelingt es den Werbenden, anonym zu bleiben. So geben die Versender als Antwortadresse Postfächer der Deutschen Post AG in Lastrup, Stapelfeld und Cappeln an. Dadurch ist es den Teilnehmern in den meisten Fällen unmöglich, ihren angeblichen Gewinn einzuklagen, obwohl ihnen der Gesetzgeber mit § 661a BGB einen entsprechenden Anspruch einräumt. Verbraucherschutzverbände können die unbekannten Verantwortlichen nicht auf Unterlassung der Versendung der nach § 3 UWG i.V.m. Nr. 17 Anhang zu § 3 UWG verbotenen falschen Gewinnmitteilungen in Anspruch zu nehmen.

Für ähnliche Fälle hat die Rechtsprechung jedoch die Möglichkeit entwickelt, auch solche Personen auf Unterlassung in Anspruch nehmen zu können, die durch ihr eigenes Verhalten die Begehung der Wettbewerbsverstöße Dritter erst ermöglichen oder jedenfalls fördern. So hat der Bundesgerichtshof im Jahre 1975 etwa einem Unternehmen untersagt, die wettbewerbswidrige Werbung eines anderen Unternehmens dadurch zu fördern, dass es diesem eine inländische Postanschrift zur Verfügung stellt.

Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. die Deutsche Post AG aufgefordert, es zu unterlassen, die Werbung der Firmen "Lotto-Service-Center" und "TB Verlag UG" durch die Überlassung von Postfächern zu fördern. Nachdem die Deutsche Post AG jedoch keinen Handlungsbedarf gesehen hatte, beantragte der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. den Erlaß einer gerichtlichen einstweiligen Unterlassungsverfügung. Im Ergebnis leider erfolglos! Zwar hatte das OLG Köln keine Zweifel daran, dass die beanstandeten Gewinnmitteilungen wettbewerbswidrig sind und die unbekannten Verantwortlichen des "Lotto-Service-Center" und der "TB Verlag UG" insofern auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könnten. Auch hielt es das Gericht für erwiesen, dass die den Verantwortlichen von der Deutschen Post AG zur Verfügung gestellten Postfächer für die Anmeldung zu den Kaffeefahrten verwendet werden. Die Deutsche Post AG treffe nach Auffassung des OLG Köln jedoch keine Pflicht, bei Abschluss des Postfachvertrages die Existenz und Identität des Postfachkunden nachzuprüfen. Zwar sei die Deutsche Post AG aus § 5 Abs. 1 der Postdienstleistungsverordnung verpflichtet, sich bei Abschluss des Postfachvertrages ein "zustellfähige Hausanschrift" des Kunden nachweisen zu lassen. Dazu genüge es aber, wenn unter der angegebenen Hausanschrift ein Brief in einen entsprechend beschrifteten Briefkasten eingeworfen werden könne. Ob es die angegebene Person oder Firma zu dem Hausbriefkasten wirklich gibt, müsse die Deutsche Post AG nicht nachprüfen. Dies gelte selbst dann, wenn die Deutsche Post AG konkrete Hinweise darauf erhält, dass der angebliche Postfachkunde nicht existiert und das Postfach zu wettbewerbswidrigen Handlungen verwendet wird.

In rechtlicher Hinsicht ist das Urteils fragwürdig. § 5 Abs. 1 Postdienstleistungsverordnung verpflichtet den Postfachanbieter, Postfachkunden den Nachweise einer zustellfähigen Hausanschrift abzuverlangen. Dass dieser Nachweis erbracht sein soll, wenn der betreffende Postfachkunde etwa mangels notwendiger Eintragung in das Handelsregister als Rechtssubjekt gar nicht existiert, ist nicht nachvollziehbar. Nicht existierende Rechtssubjekte haben keine zustellfähige Anschrift! Aus verbraucherpolitischer Sicht ist das Urteil ein Rückschlag für alle, die sich ernsthaft um die Eindämmung der betrügerischen Werbung für Kaffeefahrten bemühen. Denn dass die Deutsche Post AG keine weitergehenden Prüfpflichten hinsichtlich der Identität ihrer Postfachkunden haben soll, ist nur eine Seite der Medaille. Die andere ist der Umstand, dass die Deutsche Post AG an dem von der Kaffeefahrtindustrie generierten umfangreichen Briefverkehr kräftig verdient. Letztendlich ist an dieser Stelle der Gesetzgeber gefordert. Er muss sich fragen, ob Postfachanbieter durch die Postfachvermietung an nicht existierende Personen auf der einen Seite Umsätze generieren dürfen, auf der anderen Seite aber nicht verpflichtet sein sollen, der von der Postfachüberlassung typischerweise ausgehenden Gefahr einer Identitätsverschleierung in angemessenem Umfang entgegen zu wirken.

Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. wird sich daher für eine Änderung der Postdienstleistungsverordnung oder des Postgesetzes einsetzen, nach der die Anbieter von Postfächern gezwungen werden, die Identität ihrer Vertragspartner festzustellen. Er beabsichtigt, sich dazu mit einer Petition an die Bundesregierung, den Bundestag und andere öffentliche Stellen zu wenden.



Deutscher Verbraucherschutzverein e.V.
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Zum Jagenstein 3
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