Das Bundesministerium der Justiz (BMF) ist der Auffassung, dass im Bereich der Aufsicht über die nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) registrierten Personen Handlungsbedarf bestehe. Bisher obliegt die Aufsicht den Landesjustizverwaltungen, die diese Aufgabe auf zahlreiche Gerichte und Staatsanwaltschaften übertragen haben. Die daraus resultierende Zersplitterung der Aufsicht führt nach Auffassung des BMJ unter anderem zu Schwierigkeiten in der Ausbildung einer einheitlichen Rechtspraxis. Diese Situation werde seit langer Zeit sowohl von Inkasso-, Wirtschafts- und Anwalts- als auch Verbraucherschutzverbänden nachdrücklich kritisiert. Die Registrierung der und die Aufsicht über die nach dem RDG registrierten Personen soll daher beim Bundesamt für Justiz zentralisiert werden. Darüber hinaus hält das BMJ die Bußgeldvorschriften für unbefugte Rechtsdienstleistungen für reformbedürftig. Die aktuellen Regelungen würden in zahlreichen Fallgestaltungen zu kaum nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen führen. Diese sollen behoben werden. Ferner bestehe im Berufsrecht der rechtsberatenden Berufe in verschiedenen kleineren Punkten Änderungsbedarf.
Das BMJ hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe am 5. Mai 2022 interessierten Verbänden, Organisationen und Institutionen zur Stellungnahme vorgelegt. Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hat zu diesem Entwurf wie folgt Stellung genommen:
Sehr geehrte Frau Gutsch,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich danke Ihnen für die Möglichkeit, zu dem von Ihnen übersandten Gesetzentwurf Stellung
zu nehmen.
1.
Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. begrüßt das Anliegen, die Aufsicht über die
nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz registrierten Personen beim Bundesamt für Justiz zu
zentralisieren. Auch aus hiesiger Sicht verhindert die bisherige Zersplitterung der Aufsichtszuständigkeiten
auf Landesebene eine einheitliche und vor allem wirksame Aufsicht. Demgegenüber
bestehen bei der Aufsicht nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz keine landesspezifischen
Besonderheiten, die eine Beibehaltung der Zuständigkeit der Ländern erforderlich
machen würde.
2.
Auch das Anliegen einer Vereinheitlichung der bußgeldrechtlichen Sanktionsregelungen für
alle geschäftsmäßigen Erbringungen unbefugter Rechtsdienstleistungen begrüßt der Deutsche
Verbraucherschutzverein e.V.
3.
Anders als die Regelungsanliegen zu 1. und 2. sieht der Deutsche Verbraucherschutzverein
e.V. den geplanten Verzicht auf die Sozietätserstreckung bei wissenschaftlicher Mitarbeit
sehr kritisch.
Sinn und Zweck der Regelung in § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO in der ab 1.8.2022 gültigen Fassung
(im Folgenden kurz n.F.) ist es, Interessenkollisionen zu vermeiden. Dabei soll bereits
der Anschein vermieden werden, dass der Rechtsanwalt ein „Insiderwissen“ zum Einsatz
bringt, das er außerhalb seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in der Sache erworben hat. Dieser
Anschein kann aber auch entstehen, wenn zwar nicht derjenige Rechtsanwalt mit früher erworbenem „Insiderwissen“, sondern ein anderes Sozietätsmitglied tätig wird. Aus diesem
Grund weitet § 45 Abs. 2 S. 1 BRAO n.F. die Tätigkeitsverbote auf die in die berufliche Zusammenarbeit
eingebundenen Personen aus. Tatsächlich handelt es sich bei der abzuwehrenden
Gefahr auch nicht nur um eine abstrakte, sondern um eine sehr reale Gefahr, da einerseits
innerhalb der Sozietät grundsätzlich die naheliegende und auch bezweckte Möglichkeit
des Informationsaustausches besteht, zudem werden gerade von großen Kanzleien gern
wissenschaftliche Mitarbeiter als Rechtsanwälte angeworben, um externes Wissen in die Berufsausübungsgesellschaft
zu holen und auch zu verwerten.
Wenn in der Gesetzesbegründung nun argumentiert wird, dass die Berufsausübungsgesellschaft umfassende Tätigkeitsverbote befürchten muss, wenn ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an vielen Mandaten mitgearbeitet hat, ist das in der Sache zwar zutreffend, aber eben auch notwendig, um Interessenkollisionen zu vermeiden. Wenn die Berufsausübungsgesellschaft einen früheren wissenschaftlichen Mitarbeiter aufnimmt, der an vielen Mandaten mitgearbeitet hat, besteht eine besonders große Gefahr, dass er sein erworbenes „Insiderwissen“ auch zum Einsatz bringt. Dann aber ist es der Gesellschaft durchaus zumutbar und mit deren Berufsausübungsfreiheit vereinbar, bestimmte Mandate auch durch andere Sozietätsmitglieder eben nicht wahrnehmen zu dürfen.
Die beabsichtigte Regelung lässt sich auch nicht sinnvoll mit einer Angleichung an § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO n.F. begründen. Die bestehende Ausnahme für Referendare im Vorbereitungsdienst nach § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO n.F. hat einen eng begrenzten Anwendungsbereich und trägt den Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses Rechnung, das eine Interessenkollision nicht in gleicher Weise befürchten lässt.
4.
Gegen die beabsichtigte Erleichterung des Aufnahmeverfahrens für ausländische Rechtsanwälte,
die Änderungen für Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet und die Anpassungen
des Steuerberatungsgesetzes haben wir keine Bedenken.
Mit freundlichen Grüßen
(Vorstandsvorsitzender)
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