Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und der Digitalverband Bitkom e.V. richteten anlässlich des diesjährigen Safer Internet Days am 11. Februar 2020 gemeinsam die Konferenz „Digitalisierung im Dienste der Nachhaltigkeit: Innovation für Klimaschutz, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Sicherheit“ aus.
Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht eröffnete die Konferenz mit der Bemerkung, dass sie die Veranstaltung zum Safer Internet Day in diesem Jahr in einem etwas weiter gespannten und grundsätzlicheren Sinne verstanden wissen wolle. So warf sie hierzu sogleich die programmatische Fragestellung auf, welche Rolle denn die Digitalisierung bei dem Thema unserer Zeit, der Nachhaltigkeit, spiele, wobei sie sich davon überzeugt zeigte, dass nur ein nachhaltiges Internet und eine nachhaltige Digitalisierung zukunftsfähig seien.
Die Bundesministerin Christine Lambrecht bezeichnete es als ein Gebot der Stunde, das Nachhaltigkeitsprinzip auf allen Ebenen noch stärker zu berücksichtigen. Orientiert werden könne sich an den globalen Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Obgleich Nachhaltigkeit mehr als nur Klimaschutz bedeute, sei es allerdings unbedingt notwendig, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. In diesem Zusammenhang verwies sie auf das aufgelegte Klimaschutzprogramm der Bundesregierung und das Bundes-Klimaschutzgesetz. Darüber hinaus, so die Ministerin weiter, stehen jedoch zudem die gesamte Art und Weise der Produktion und Konsumtion im Fokus wie auch deren soziale und ökologische Folgen zu beachten und umzugestalten sind.
Vor diesem Hintergrund dürfe die Digitalisierung, deren Potentiale entfaltet werden müssten, nicht dazu führen, die Klimakrise und soziale Spannungen zu verschärfen. In der praktischen Umsetzung benannte die Ministerin sodann vier essentielle Schwerpunkte.
Erstens muss bei der Produktion und dem Betrieb von Hardware und digitaler Infrastruktur zu einer möglichst vollständigen Kreislaufwirtschaft – und dies auf der Grundlage regenerativer Energien – gelangt werden. Zweitens müssen hinsichtlich der Arbeitsstandards und der sozialen Bedingungen bei der Herstellung von IT-Produkten und der hierfür notwendigen Rohstoffgewinnung soziale Ausbeutung und Kinderarbeit unterbunden sowie ein sicheres Arbeitsumfeld gewährleistet werden. Drittens wäre zu klären, wie und wofür neue digitale Anwendungen und Technologien in der Agenda 2030 eingesetzt werden. Eine besondere Konzentration sei auf die Gestaltung von künstlicher Intelligenz zu richten. Viertens müssten Fehlentwicklungen in der digitalen Kommunikation verhindert werden, wobei insbesondere dem Missbrauch sozialer Medien für Hass und Hetze entgegen zu wirken bleibt.
Nachdem die Bundesministerin daran anschließend die im Konferenzverlauf näher zu thematisierenden einzelnen und ausgewählten Nachhaltigkeitsziele Nrn. 9, 12 und 13 der UN-Agenda 2030, die eigentlich nicht isoliert behandelt werden könnten, angesprochen hatte, ließ sie es sich nicht nehmen, abschließend noch den Bogen zum von der Europäischen Union vorgestellten Programm des „European Green Deal“ zu schlagen.
Anschließend ergriff Dr. Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer, das Wort. Er legte eingangs – als Schwerpunkt seiner Ausführungen – zunächst Wert auf die Feststellung, dass zur Nachhaltigkeit unbedingt auch Sicherheit dazu gehöre. Ohne sicher und zuverlässig funktionierende Geräte und Systeme sei an eine nachhaltige Entwicklung nicht zu denken.
Dies decke sich auch mit einer von Bitkom vorgenommenen repräsentativen Bevölkerungsumfrage, wonach 69 % aller Bundesbürger Sicherheitsfragen als Kernthemen von Nachhaltigkeit verstehen.
Weiter zeigte sich Dr. Rohleder davon überzeugt, dass digitale Technologien dazu beitragen können, wirtschaftliche und ökologische Aspekte zusammen zu führen und ein Ressourcen schonendes Wachstum zu ermöglichen.
Von besonderer Bedeutung sei es seiner Auffassung nach darüber hinaus, dass die Umweltverträglichkeit bei Produkten stärker erkennbar werden müsse. So würde der Verbraucher nach wie vor in erheblichem Maße die notwendige Transparenz vermissen, soweit es um die Nachhaltigkeit technologischer Geräte gehe. Umweltschutz dürfe nicht in´s Kleingedruckte ausgelagert werden.
Im Anschluss an die beiden die Konferenz eröffnenden Stellungnahmen untersuchte Frau Prof. Dr. Maja Göpel, Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) in ihrem Hauptvortrag zum Thema „Unsere gemeinsame digitale Zukunft“ die Kernfrage, was Digitalisierung zu einer positiven Zukunft beitragen könne.
Es sei darauf aufmerksam gemacht, dass der Vortrag von Frau Prof. Göpel auf ein hierzu vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung im Jahre 2019 erstelltes Gutachten zurückgeht, das hiermit zur vertieften Lektüre unter www.wbgu.de/fileadmin/user_upload/wbgu/publikationen/hauptgutachten/hg2019/pdf/WBGU_HG2019.pdf) oder zumindest als Zusammenfassung unter www.wbgu.de/fileadmin/user_upload/wbgu/publikationen/hauptgutachten/hg2019/pdf/WBGU_HGD2019_Z.pdf) empfohlen wird.
In der gebotenen Kürze und im Rahmen des vorliegenden Formats lässt sich hervorheben, dass Frau Prof. Göpel zu Beginn ihres Vortrags zunächst die fundamentalen Herausforderungen unserer Zeit – Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und digitale Revolution – greifbar werden ließ, um sich hiernach zunächst mit den fünf, das digitale Zeitalter prägenden Kerncharakteristika – Vernetzung, Kognition, Wissensexplosion, Autonomie und Virtualität – zu befassen, die nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand sowohl die bestehenden Ökonomien und technischen Infrastrukturen als auch den Menschen selbst verändern werden.
Sodann stellte sie die drei „Dynamiken des digitalen Zeitalters“ – Digitalisierung für Nachhaltigkeit, nachhaltige digitalisierte Gesellschaften und die Zukunft des Homo sapiens – vor, die unterschiedliche, jeweils akute Handlungsbedarfe verdeutlichen. Vergegenwärtigen müsse man sich in diesem Zusammenhang, dass jenen bereits angelaufenen Dynamiken zum einen Potentiale und zum anderen aber durchaus auch Risiken innewohnen würden.
Als einem weiteren Schwerpunkt widmete sich Prof. Göpel schließlich der besonderen Rolle und Verantwortung Europas für eine Integration von Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Aber auch in diesem Kontext sind Weichenstellungen in verschiedenen Richtungen unabdingbar, um den drängenden Herausforderungen gerecht werden zu können.
Daran anknüpfend, befasste sich die Konferenz, wie eingangs von der Frau Bundesministerin Christine Lambrecht in Aussicht genommen, im Einzelnen mit den schwerpunktmäßig ausgewählten drei Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030, nämlich (1.) der Sicherstellung von nachhaltigen Konsum- und Produktionsweisen (Nr. 12 der Agenda 2030), (2.) den Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen (Nr. 13 der Agenda 2030) und (3.) dem Aufbau einer widerstandsfähigen Infrastruktur und der Förderung einer nachhaltigen Industrialisierung (Nr. 9 der Agenda 2030).
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