Anlässlich des Safer Internet Days 2016 richtete das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) gemeinsam mit dem IT-Branchenverband Bitkom e.V. am 09.02.2016 die Konferenz „Am Puls der Zeit? Wearables und Gesundheits-Apps“ aus.
Die Veranstaltung fand vor dem Hintergrund einer regen gesellschaftlichen Debatte zur voranschreitenden Digitalisierung im Gesundheitsbereich statt, in der schlagwortartig immer wieder auch die Begriffe Wearables und Gesundheits-Apps fallen. Unter der Bezeichnung Wearables werden im allgemeinen am Körper getragene, mit Sensoren und Microchips ausgestattete Kleincomputer wie Fittnessarmbänder, Sportuhren, Smart Watches, Smart Glasses oder gar Smart Clothing verstanden, mit denen im weitesten Sinne gesundheitsbezogene Darten erfasst werden können. Diese werden sodann von diversen, auf mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablet-Computern installierten Anwendungsprogrammen – Apps – in verschiedensten Zusammenhängen abgerufen und verwertet.
Wie verbreitet Wearables und Gesundheits-Apps mittlerweile sind, zeigte eine vom BMJV zum Safer Internet Day 2016 in Auftrag gegebene Studie. Bei einer online-Befragung von 2.000 Verbrauchern ermittelte das beauftragte Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov, dass bereits 14 % Wearables und 17 % Gesundheits-Apps nutzen (YouGov-Studie, Wearables und Gesundheits-Apps, 2016).
So ließen es sich die einzelnen Diskussionsteilnehmer, angespornt vom Moderator der Veranstaltung, sodann auch nicht nehmen, ihren jeweiligen Redebeitrag mit persönlichen Erfahrungen im Umgang mit Wearables und Gesundheits-Apps zu beginnen.
Im Wesentlichen übereinstimmend, erblickten alle Diskussionsteilnehmer in der voranschreitenden Digitalisierung des Gesundheitssektors ein erhebliches Potential, die Gesundheitsversorgung ganzheitlicher, individueller und letztlich bedarfsgerechter und insgesamt effizienter gestalten zu können. Grundsätzliche Übereinstimmung bestand auch darin, dass Fittness- und Gesundheitsdaten als Teil der Privatsphäre eines besonderen Schutzes bedürfen.
In seiner die Konferenz eröffnenden Rede legte der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas konsequenter Weise den Schwerpunkt auf die Schutzbedürftigkeit sensibler Gesundheitsdaten. Einleitend nahm er auf gewonnene Umfrageergebnisse Bezug, wonach 39 % der von YouGov Befragten auf Datenschutzrisiken hingewiesen haben, weshalb immerhin 32 % die Ansicht vertraten, ihre Gesundheitsdaten gingen niemanden etwas an.
Ausdrücklich bezog sich Heiko Maas in diesem Zusammenhang auf den von ihm bereits im Dezember 2015 unterbreiteten Vorschlag für einen Grundrechte-Katalog für die digitale Welt. Um das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung zu gewährleisten, ohne dabei die Vorteile eines digitalen Gesundheitssektors aufzugeben, wären insbesondere relevant das Recht, über seine persönlichen Daten und seine digitale Identität selbst zu bestimmen sowie das Recht auf eine analoge Welt wie zudem, dass kein Mensch zum Objekt eines Algorithmus werden dürfe.
Im Einzelnen machte der Minister hierzu deutlich, dass es keinen faktischen ökonomischen Zwang zur Datenfreigabe eines Verbrauchers geben dürfe. Weiter sei es auszuschließen, dass niemand ungerechtfertigt benachteiligt werden dürfe, wenn er digitale Dienstleistungen nicht nutze. Desweiteren müssten sämtliche Vorgänge so transparent gestaltet sein, dass jeder wissen könne, was andere über ihn gespeichert haben. Schließlich regte er an, einen auf Smart Cars bezogenen Vorschlag, den Vernetzungsstatus des Autos – bei der jederzeitigen Möglichkeit von Aktivierung und Deaktivierung – durch standardisierte Symbole im Cockpit anzuzeigen, auf Gesundheits-Apps zu übertragen.
Im Anschluss an die Rede des Ministers der Justiz und für Verbraucherschutz ergriff Frau Martina Koederitz, Mitglied des Bitkom-Präsidiums, das Wort.
Auch sie verwies auf die zentrale Rolle der Digitalisierung im Gesundheitssystem und sah das größte Potenzial der Wearables in der Vorsorge und medizinischen Versorgung insbesondere chronisch kranker Patienten. Hierfür müssten für den Datenschutz und die technische Sicherheit die höchsten Standards eingehalten werden.
Bezüglich der Speicherung und Auswertung der Daten vertrat Frau Koederitz die Auffassung, dass dies so transparent wie möglich erfolgen solle, wobei sie auf die durchaus vorhandene, ausgeprägte Bereitschaft der Nutzer verwies, Daten weiterzugeben. Sie konnte sich dabei auf eine Umfrage von Bitkom-Research beziehen, nach der 75 % aller Befragten im Krankheitsfall ihre mit einem Fittness-Tracker gemessenen Vitalwerte an ihren Arzt übermitteln würden, wobei es unter chronisch Kranken sogar 93 % seien. Daran anknüpfend plädierte sie für ein Leitbild der digitalen Selbstbestimmung.
Nachfolgend setzten weitere Teilnehmer der Veranstaltung eine Reihe ebenso interessanter Schwerpunkte. So stellte etwa der Geschäftsführer der Philipps GmbH, Bernd Laudahn, unter dem Thema „Messen, Beobachten, Mitverfolgen: Der Mehrwert digitaler Gesundheitsprogramme“ seine Sicht der Dinge dar, insofern es (auch) darum gehe, sich den aufgeworfenen Fragestellungen im Kontext neuer kommerzieller Geschäftsmodelle zu stellen. Von weiteren Teilnehmern wurde ferner auf sonstige Einzelfragen wie die konkrete Entwicklung von gesundheitsbezogenen Apps und die Bedeutung der Thematik aus Sicht des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. eingegangen. Nach weiteren Referaten und einer angeregten Podiumsdiskussion wurde die Konferenz schließlich mit den Schlussworten beendet.
(Finanzvorstand)
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