Am 27. und 28. November 2014 fand in Düsseldorf – ausgerichtet von der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis – der 7. Deutsche Nachhaltigkeitstag statt, an dem auf Einladung des Veranstalters auch zwei Vorstandsmitglieder des Deutschen Verbraucherschutzvereins e.V. teilnahmen.
In einer Plenarrunde und dezentralen Themenforen diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktuelle Fragestellungen einer nachhaltigen Entwicklung. Zudem wurden im Rahmen dieser Veranstaltung Unternehmen ausgezeichnet, die nach Auffassung der Jury mit ihren Produkten und Dienstleistungen besonders erfolgreich ökologischen und sozialen Herausforderungen begegnen und damit Nachhaltigkeit als wirtschaftliche Chance begreifen.
Aus Sicht des Verbraucherschutzes können aus dem vielfältigen Programm des Nachhaltigkeitstages u.a. die folgenden Forenveranstaltungen hervorgehoben werden.
In dem Themenforum „Mehr Orientierung geben – Gegen Siegelflut und leere Markenversprechen der Nachhaltigkeit“ standen die wachsende Anzahl neuer Siegel und Zeichen zur Debatte. Zugrunde gelegt wurde, dass Siegel und Zeichen durchaus das Potenzial besitzen können, über nicht unwesentliche Produkteigenschaften wertvolle Informationen zu geben. Zum anderen jedoch sind Verbraucherinnen und Verbraucher verstärkt mit einer zunehmenden Anzahl von Siegeln und Zeichen konfrontiert, die eher zu deren Verunsicherung denn Aufklärung beitragen. Nicht übersehen werden sollte in diesem Zusammenhang zudem, dass Verbraucherinnen und Verbraucher gern zu solchen Marken und Siegeln greifen, die für soziale und ökologische Werte stehen und dabei funktionaler Bestandteil eines Milliardenmarktes sind. Dementsprechend bemühen sich eine Vielzahl von Unternehmen, ihre Marken gerade mit Nachhaltigkeit „aufzuladen“. Vor diesem Hintergrund wird es daher als immer wichtiger angesehen, für ein Höchstmaß an Authentizität in der Markenführung zu streiten.
In einem weiteren Themenforum erörterten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die nach wie vor aktuelle Frage „Recycling eine neue Qualität geben – Materialien der Zukunft aus Kunststoffmüll“. Ansatzpunkt der Diskussion war, dass es heute bereits sehr wohl innovative Lösungen gibt, um Material- und Produktlebenszyklen zu verlängern, die Rohstoff- und Energieproduktivität zu steigern und effektive Kreisläufe zu schaffen. Als kritisch bewertet wurde allerdings, dass noch immer hunderttausende Einwegflaschen und Kunststoffverpackungen in Müllverbrennungsanlagen landen und sich die erfolgreichen Ansätze bei Glas, Papier und Weißblech nur sehr zäh auf Kunststoffe – nicht zuletzt auch aufgrund eines nur schwer zu verändernden Verbraucherverhaltens – übertragen lassen.
Ferner stand beim Deutschen Nachhaltigkeitstag 2014 eine Vielzahl weiterer interessanter Schwerpunktthemen auf der Tagesordnung, wobei ausdrücklich noch die nachhaltige Flächennutzung oder auch das Bauen in der Zukunft erwähnt sein sollen.
Im Themenforum „Auf Nachhaltigkeit bauen – Intelligentere Konzepte für Neubau und Bestand“ war zugrunde zu legen, dass fast die Hälfte der abgebauten Rohstoffe gerade im Bau- und Gebäudesektor verbraucht wird, der zudem für rund ein Drittel des Energieverbrauchs und der Kohlendioxidemissionen verantwortlich ist. Gerade hierzu weitere Lösungen und Konzepte zu finden, stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Auch im Themenforum „Interessen ausgleichen – Nachhaltige Flächennutzung zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ ging es um ehrgeizige Zielvorgaben, die mit Hilfe kluger Ideen verwirklicht werden wollen. So soll bis 2020 die Flächenneuinanspruchnahme deutschlandweit auf maximal 30 Hektar pro Tag verringert werden. Angesichts des aktuellen täglichen Verbrauchs von 70 Hektar Landschaft für Gewerbe, Wohnungsbau, Verkehr und Erholungsflächen steht das auch in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie verankerte sog. 30-ha-Ziel heute allerdings noch in weiter Ferne.
Bereits am ersten Veranstaltungstag stellte Dr. Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), das Konzept „Aktiv vorangehen, Kritik begegnen – Nachhaltigkeit als neue Priorität des IOC“ vor. Das IOC reagiert damit auf die durchaus kontrovers diskutierten letzten Großereignisse im Weltsport, die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sowie die Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien, die mit erheblichen Eingriffen in die Natur und enormen Belastungen für die lokale Bevölkerung einhergingen.
Nicht zuletzt aufgrund des Gebotes einer nachhaltigen Entwicklung hält es das IOC für angezeigt, künftig die Austragung ganzer Sportarten oder jedenfalls einzelner Wettkampfdisziplinen außerhalb der Gastgeberstadt oder gar außerhalb des Gastgeberlandes zu erlauben. So wolle man zudem verstärkt auf temporäre Bauten setzen, es sei denn der Gastgeber könne – im Sinne eines Nachhaltigkeitskonzeptes – eine schlüssige Nachnutzung anbieten, wobei es insbesondere auch darum gehen müsse, bereits existierende Sportstätten so weit als möglich einzubeziehen. Weiter sei es vorgesehen, die Ausgaben für die Olympiabewerbung einer jeweiligen Stadt zu begrenzen. Im Mittelpunkt der Bestrebungen stünden ferner Fragen zur Förderung der Gleichberechtigung, der Stärkung des Antidiskriminierungsgedankens sowie des Eintretens für mehr Transparenz, wobei hierzu höhere internationale Standards zu schaffen sind. Einher gehe damit beispielsweise auch die – umstrittene – Frage der Veröffentlichung des zwischen dem IOC und der Gastgeberstadt jeweils abzuschließenden Vertrages.
Der Präsident des IOC und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Nachhaltigkeitstages waren sich darüber einig, dass die Annahme der wichtigsten Reformpunkte zur Neuausrichtung des Weltsports – auf der nur wenige Tage später ausgerichteten Session des IOC wurde das Reformprogramm von den 96 nationalen Verbänden ohne eine Gegenstimme angenommen – bereits einen Erfolg bedeuten würde, deren Umsetzung und konkrete Untersetzung sodann erst Recht eine Herausforderung darstellen wird.
Im Anschluss an den Vortrag des IOC-Präsidenten – mit anschließender Diskussion – stellte die Stadt Hamburg ihr Konzept „Olympia für Hamburg“ vor. Einhelliger Tenor war hierbei, dass sich die Ideen einer auch nachhaltigeren Olympiabewerbung nur förderlich auswirken können. Die – ebenso eingeladene – Stadt Berlin nahm die Möglichkeit nicht wahr, sich in diesem Kontext zu präsentieren.
Das komplette Programm ist auf der Tagungsseite des Deutschen Nachhaltigkeitspreis abrufbar: https://www.nachhaltigkeitspreis.de/app/uploads/2014/08/Kongressprogramm_20141.pdf
(Finanzvorstand)
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