Sogenannten Peer-To-Peer-Netzwerke, auch Internet-Tauschbörsen genannt, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Leider werden auf derartigen Tauschbörsen jedoch auch immer wieder urheberechtlich geschützte Werke - illegal - zum Download angeboten. Das ist rechtswidrig, u.U. sogar strafbar und daher uneingeschränkt zu verurteilen. Wer Urheberrechte verletzt kann vom jeweiligen Rechteinhaber auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Dies entspricht der geltenden Gesetzeslage und dient dem Schutz der Rechteinhaber, denen durch das unberechtigte Anbieten der geschützten Werke potentiell Einnahmen verloren gehen.
Allerdings ist nicht zu übersehen, dass sich die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Internet längst zu einem eigenen "Industriezweig" gemausert hat. Zahlreiche Unternehmen, vor allem Rechtsanwaltskanzleien, haben sich darauf spezialisiert, angebliche Urheberrechtsverstöße in Peer-To-Peer-Netzwerken ausfindig zu machen und abzumahnen. Dabei liegt nicht selten der Verdacht nahe, dass bei den Abmahnungen nicht die Verfolgung der Urheberrechtsverletzung, sondern das Gebühreninteresse des mit der Abmahnung beauftragten Unternehmens im Vordergrund steht. Dies gilt insbesondere, wenn statt klar aufgeschlüsselter Schadensposten diffus erläuterte "Vergleichsbeträge" verlangt werden, was immer häufiger in Abmahnungen spezialisierter Rechtsanwaltskanzleien der Fall ist.
In diesem aktuellen Theme informieren darüber, wie man sich als von einer urheberrechtlichen Abmahnung Betroffener zweckmäßig verhält.
Ein Peer-To-Peer-Netzwerk ist ein Kommunikations-Netzwerk aus prinzipiell gleichberechtigten Computern. Über solche Netzwerke können nicht nur Nachrichten, sondern beliebige Dateien ausgetauscht werden. Bei Internet-Tauschbörsen geht es meist um Software, Musik und Videos.
Um sich zu einem Peer-To-Peer-Netzwerk anzumelden, startet man auf seinem Computer eines der einschlägigen Programme (z.B. Bearshare, LimeWire, uTorrent, Cabos, usw.). Das Programm baut nach dem Start eine Verbindung zu anderen Computern auf, auf denen ebenfalls entsprechende Peer-To-Peer-Software läuft und meldet sich so zum Netzwerk an. Dann kann der Nutzer über entsprechende Suchfunktionen auf den dem Netzwerk aktuell angeschlossenen Computern z.B. nach ihn interessierenden Musikstücken suchen und diese in ein Verzeichnis auf der eigenen Festplatte speichern (Download-Verzeichnis).
Der eigene Computer dient im Peer-To-Peer-Netzwerk natürlich auch als Datenquelle für die anderen Teilnehmer. Darauf basiert das "Tauschprinzip". Die anderen Teilnehmer können ihrerseits Dateien abrufen. Aus Sicht des Anbieters findet dann ein - meist unbemerkt im Hintergrund ablaufender - Upload statt. Die Upload-Funktion lässt sich in den meisten Peer-To-Peer-Programmen zwar auch abschalten. Damit wird jedoch aus dem Peer-To-Peer-Programm eine reines Download-Programm. Wenn alle Teilnehmer die Upload-Funktion abschalten würden, würde das Peer-To-Peer-Netzwerk als solches mangels Datenanbietern freilich nicht mehr funktionieren.
Der Austausch von Dateien ist jedoch nur legal, wenn diese nicht urheberrechtlich geschützt sind, oder die Beteiligten über die entsprechenden Rechte verfügen.
Für die Rechteinhaber, beziehungsweise von diesen mit der Recherche beauftragte Unternehmen, ist es oft relativ einfach, Rechtverletzungen festzustellen. Dazu müssen sie sich nur mit geeigneter Protokollsoftware in die Peer-To-Peer-Netzwerke einklinken und nach Anbietern derjenigen Musikstücke, Videos usw. suchen, für die sie selbst die Urheberrechte inne haben. Die Protokollsoftware speichert die IP-Adressen der illegalen Anbieter. Über diese verschaffen sich die Rechteinhaber per Gerichtsbeschluss Namen und Adressen derjenigen Personen, denen im fragliche Zeitraum die protokollierte IP-Adresse zugewiesen war. Zum Verhängnis wird den Teilnehmern der Peer-To-Peer-Netzwerke also meist nicht der Download urheberrechtlich geschützter Werke, sondern der Umstand, dass sie die geladenen Werke durch ihre Peer-To-Peer-Software (oft unbewusst) wieder zum Upload für andere Teilnehmer des Netzwerks zur Verfügung gestellt haben.
Wer urheberrechtlich geschützte Werke zum Download angebietet hat, kann vom Rechteinhaber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ausserdem schuldet er dem Rechteinhaber Schadensersatz für die diesem potentiell entgangenen Nutzungsentgelte.
Unbeschadet der zivilrechtlichen Ansprüche der Rechtinhaber können Urheberrechtsverletzungen auch strafrechtliche Konsequenzen haben.
Üblicherweise lassen die Rechteinhaber den Inhabern der über die IP-Adresse ermittelten Internetanschlüsse - meist über Rechtsanwälte - eine sogenannte Abmahnung zusenden. Dabei handelt es sich um den Versuch einer außergerichtlichen Einigung über die zivilrechtlichen Folgen des behaupteten Urheberrechtsverstoßes.
Der Abgemahnte wird regelmäßig augefordert, sich zu verpflichten, den Rechtsverstoß zukünftig zu unterlassen und für jeden Fall des Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung eine Strafzahlung an den Rechteinhaber zu leisten (sog. Auffoderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung). Außerdem wird der Abgemahnte aufgefordert, einen Schadensersatzbetrag für die illegale Verbreitung des Werkes zu zahlen. Meist wird auch noch die Erstattung diverser Auslagen und Rechtsanwaltskosten gefordert.
Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, sollten Sie zunächst genau prüfen, was Ihnen eigentlich vorgeworfen wird und ob der Vorwurf zutreffend ist. Dabei sollten Sie bedenken, dass der Rechteinhaber allenfalls Beweise dafür haben wird, dass von Ihrem Internetanschluss aus Urheberrechtsverletzungen begangen worden sind. Nutzen Sie den Internetanschluss jedoch gemeinsam mit anderen, z.B. innerhalb der Familie, in einer Wohngemeinschaft oder ist der illegale Zugriff Dritter über ein nicht ausreichend gesichertes WLAN möglich, so kann der behauptete Urheberrechtsverstoß auch von diesen Personen begangen worden sein. Auch für Urheberrechtsverletzungen durch andere Nutzer haftet der Anschlussinhaber in bestimmtem Umfang (dazu solgleich unter a und b)
Wenn Sie sich über die konkreten Umstände klar geworden sollten Sie ggf. auf geeignete Weise regieren. Wenn Sie nichts unternehmen, obwohl Sie für den behaupteten Urheberrechtsverstoß (mit-)verantwortlich sein könnten, gehen Sie ein (vermeidbar) hohes Prozesskostenrisiko ein.
Grundsätzlich ist dabei zwischen der Abgabe einer Unterlassungserklärung und der Zahlung geforderter Schadensersatzbeträge zu differenzieren. So kann es durchaus sein, dass die Abgabe einer Unterlassungserklärung sinnvoll ist, die Zahlung aber nicht oder jedenfalls nicht in der geforderten Höhe.
Grundsätzlich haftet der Anschlussinhaber dem Rechteinhaber auf Unterlassung (im Folgenden: Unterlassungshaftung), soweit er den Rechtsverstoß selbst begangen bzw. vorsätzlich am Rechtsverstoß eines Dritten mitgewirkt hat (Täterhaftung) oder aber den Rechtsverstoß eines Dritten in sonstiger Weise gefördert hat (sog. Störerhaftung).
Eine Störerhaftung ist in der Regel anzunehmen, wenn der Rechtsverstoß von Personen begangen wird, die den Internetanschluss mit Wissen und Wollen des Anschlussinhabers nutzen. So werden entsprechende Urheberrechtsverletzungen nicht selten von Minderjährigen begangen, die den Internetanschluss ihrer Eltern mitnutzen.
Darüber hinaus kommt eine Störerhaftung des Anschlussinhabers aber auch in Betracht, wenn Dritte den Anschluss ohne Wissen und Wollen des Anschlussinhabers zu Urheberrechtsverletzungen missbrauchen und der Anschlussinhaber hiergegen keine ausreichende Vorsorge getroffen hat. Eine solche Haftung hat der BGH kürzlich für einen Internetanschlussinhaber angenommen, der das werksseitig voreingestellte Passwort seines WLAN-Routers nicht durch ein eigenes Passwort ersetzt und damit fahrlässig unberechtigten Dritten die Nutzung seines Internetanschlusses ermöglicht hatte (BGH, Urt. v. 12.05.2010, A.z.: I ZR 121/08).
Wann immer daher eine Unterlassungshaftung des Abgemahnten in Betracht kommt, sollte der Abgemahnte eine Unterlassungserklärung abgegeben. Dadurch vermeidet der Abgemahnte, gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, was mit einem hohen Streitwert und damit mit einem hohen Prozesskostenrisiko verbunden wäre. Wird nur noch um die Kosten gestritten, ist der Streitwert und damit das Kostenrisiko wesentlich geringer.
Der Abgemahnte ist jedoch nicht verpflichtet, die vom Abmahnenden vorgegebene - meist viel weiter als nötig gefasste - Musterunterlassungserklärung zu unterzeichnen. Regelmäßig verbietet sich die Unterzeichnung des vorgegebenen Musters schon deshalb, weil dem Abgemahnten dort Erklärungen untergeschoben werden, die in der Unterlassungserklärung gar nichts zu suchen haben und rechtlich gar nicht verlangt werden können. So ist der Abgemahnte keinesfalls verpflichtet, etwa eine Kostentragungspflicht anzuerkennen, was regelmäßig in den Mustererklärungen vorgesehen ist. Er sollte eine entsprechende Erklärung auch tunlichst unterlassen und sich auf die Verpflichtung zur Unterlassung des streitgegenständlichen Verhaltens beschränken. Dazu sollte die Erklärung etwa mit dem Passus erfolgen, dass sie zwar rechtsverbindlich in der Sache aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt. Dadurch wird verhindert, das in die Unterlassungserklärung doch noch ein konkludentes Kostenanerkenntnis hineingelesen werden kann. Die richtige Formulierung der Unterlassungserklärung ist allerdings nicht ganz einfach. Im Zweifel sollte der Betroffene Rechtsrat einholen, was kostengünstig z.B. bei Verbraucherschutzoganisationen möglich ist.
Achtung: Wenn Sie die Unterlassungserklärung abgegeben haben, müssen Sie auf jeden Fall sicherstellen, dass sich die Rechtsverletzungen nicht wiederholt, sonst wird die Vertragsstrafe fällig.
Beim Schadensersatz ist zu unterscheiden zwischen dem dem Unterlassungsgläubiger für die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs entstandenen Schaden (Ermittlungskosten, Anwaltskosten für Abmahnung, usw.) und dem Schadensersatzanspruch für die Urheberrechtsverletzung.
Der Unterlassungsschuldner muss dem Unterlassungsgläubiger grundsätzlich dessen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten erstatten. Hierzu gehören u.a vorgerichtliche Anwaltskosten. Allerdings werden häufig erheblich überhöhe Anwaltskosten verlangt. Überhöhe Anwaltskosten muss der Unterlassungsschuldner jedoch nicht erstatten. Gem. § 97a Abs. 2 UrhG sind in einfach gelagerten Fällen bei Urheberrechtsverletzung durch einen Verbraucher außerhalb des gewerblichen Bereichs nur Anwaltskosten bis zu 100 € erstattungsfähig. Da das Gesetz selbst den sog. „einfach gelagerten Falles“ allerdings nicht weiter definiert, entsteht hierüber in der Praxis nicht selten Streit. Wird ein Verbraucher jedoch im Wege einer offensichtlichen "Serienabmahnung" in Anspruch genommen, ist dies ein starkes Indiz für einen einfach gelagerten Fall vorliegen. Denn nur solche Fälle lassen sich standardisiert abmahnen. Auf den bloßen Umfang des Abmahnungstextes, der bei den einschlägigen Abmahnkanzleien zum Teil beträchtlich ist, kommt es indes nicht an. Diese Abmahnungen enthalten kaum fallbezogene Ausführungen, sondern vor allem allgemein gehaltene Textbausteine inklusive diverser Drohszenarien.
Getrennt von vorstehenden Überlegungen ist die Frage zu beurteilen, ob der Abgemahnte dem Rechteinhaber auch den Ersatz des diesem unmittelbar durch die Urheberechtsverletzung entstandenen Schadens (etwa in Form entgangener Lizenzeinnahmen) erstatten muss. Hierzu hat der BGH in dem oben schon zitierten Urteil v. 12.05.2010 entschieden, dass grundsätzlich nur der Täter, Mittäter oder Gehilfe einer Urherberrechtverletzung für den urheberrechtlichen Schaden in Anspruch genommen werden kann. Der Anschlussinhaber haftet damit nur, wenn er die Urheberrechtsverletzung selbst begeht oder vorsätzlich an der Urheberrechtsverletzung eines Dritten mitwirkt. Wird die Urheberrechtsverletzung ohne sein Wissen von Dritten begangen, denen er den Anschluss überlassen hat oder die sich ohne sein Wissen Zugang verschafft haben, haftet er indes nicht.
Die Höhe des ggf. geschuldeteten Schadensersatzanspruchs ist grundsätzlich in jedem Einzelfall zu beurteilen, lässt sich derzeit aber kaum vorhersagen, weil die Gerichte höchst unterschiedlich entscheiden. So wurden Urheberechtsverletzer schon für den Fall des einmaligen Anbietens eines einzigen Musiktitel auf einer Internettauschbörse zur Zahlung von mehreren hundert Euro verurteilt, während in anderen Fällen für einen vergleichbaren Verstoß weniger als einhundert Euro zu zahlen waren. So hat jüngst das Landgericht Hamburg für Aufsehen gesorgt, als in in dem Urteil v. 08.10.2010 zu Az.: 308 O 710/09 für Aufsehen gesorgt, indem es einen Tauschbörsenteilnehmern für das Anbieten von zwei Musiktiteln zu einer Schandesersatzzahlung von 15 € je Titel verurteilte. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung weiter entwickelt.
Wenn Sie eine Abmahnung wegen des Anbietens eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf einer sog. "Internet-Tauschbörse" erhalten haben, sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
Kann die vorgeworfene Rechtsverletzung von meinem Internetanschluss aus begangen worden sein und hätte ich dies verhindern können?
Wenn ja, sollten Sie auf jeden Fall eine ausreichende Unterlassungserklärung abgeben. Im Zweifel sollten Sie jedoch keinesfalls ein zu weit gefassten Muster des Abmahnenden verwenden. Geben Sie die Erklärung rechtsverbindlich aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab. Äussern Sie sich in der Erklärung nicht zu den Kosten. Da die korrekte Formulierung einer Unterlassungserklärung schwierig ist, sollten Sie sich im Zweifel unbedingt rechtlich beraten lassen.
Mit der Abgabe der Unterlassungserklärung haben Sie den im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung aufgrund des hohen Streitwerts kostenträchtigsten Streitpunkt beseitigt. Überhöhe Anwaltskosten sollten Sie nicht zahlen, sondern die Zahlung auf den tatsächlich geschuldeten Betrag beschränken. In einfach gelagerten Fällen müssen Sie also maximal 100 € bezahlen. In den allermeisten Fällen dürfte die Sache damit komplett erledigt sein. Wenn Sie den geforderten betrag gekürzt haben, werden Sie zwar eine Vielzahl weiterer Mahnschreiben mit immer bedrohlicherem Inhalt erhalten. In der Regel werden Sie jedoch nicht verklagt werden. das verbleibende Restrisiko, doch noch verklagt zu werden und den Prozess auch noch zu verlieren, dürfe dann sehr gering sein.
Habe ich Urheberechtsverletzung selbst begangen?
Wenn Sie die Urheberrechtsverletzung selbst begangen haben, schulden Sie dem Rechtinhaber grundsätzlich auch den Urheberechtlichen Schandesersatz. Dessen Höhe ist, wie oben dargestellt, derzeit aber schwer zu beziffern.
Im Zweifel empfehlen wir, unter Verweis auf das Urteil des LG Hamburg v. 08.10.2010 zu Az.: 308 O 710/09 und ohen Anerkennung einer Rechtspflicht nur 15 € pro Titel zu zahlen. Auch hier ist es gut möglich, dass Sie nie verklagt werden und sich dei Sache damit erledigt. Kommt es zum Streit, besteht natürlich ein Prozesskostenrisiko. Dieses können Sie jedoch nur dadurch vollständig vermeiden, indem Sie eine höhere Forderung des Rechteinhabers komplett erfüllen. Dies können wir jedoch nicht empfehlen.
Dieses aktuelle Thema widmet sich einer rechtlich schwierigen Problematik. Zudem ist die Rechtsprechung hier noch stark in Bewegung. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die sich einer Verallgemeinerung entziehen. Wir empfehlen Ihnen daher, unsere Hinweise nur für eine erste Orientierung heranzuziehen und sich im Zweifelsfall unbedingt rechtlich beraten zu lassen. Eine falsche Reaktion auf eine Abmahnung birgt ganz erhebliche Kostenrisiken.
© 2010 Deutscher Verbraucherschutzverein e.V.
Letzte Aktualisierung: 23.12.2010