Bei sogenannten Kaffeefahrten handelt es sich um organisierte Ausflugsfahrten mit angeschlossener Verkaufsveranstaltung, auf der den Teilnehmern - oft kostenlos - Kaffee und Kuchen (daher der Name) oder auch ein Mittagessen angeboten werden. Diese Fahrten erfreuen sich gerade bei älteren Menschen großer Beliebtheit. Bieten Sie doch nicht nur scheinbar die Möglichkeit, preisgünstig einen kleinen Ausflug zu unternehmen. Häufig freuen sich die Teilnehmer auch einfach darauf, mit anderen Menschen zusammentreffen und kommunizieren zu können.
Doch Vorsicht! Selbstverständlich bieten die Veranstalter die Ausflugsfahrten nicht aus altruistischen Zwecken an, sondern um Geld zu verdienen. Dieses Geld verdienen die Veranstalter mit den Verkaufsveranstaltungen, auf denen den Teilnehmern der Kaffeefahrt mit ausgeklügelten psychologischen Tricks Waren zu völlig überhöhten Preisen „angedreht" werden. So werden die angebotenen Produkte typischerweise als revolutionär, völlig neu oder als noch nicht im Handel erhältlich angepriesen. Da den Teilnehmern der Verkaufsveranstaltung vor Ort jede Vergleichsmöglichkeit fehlt, erliegen sie häufig den Verkaufstricks und schließen Verträge über Waren ab, die im regulären Handel für ein Bruchteil des Preises zu haben sind. Einige Verkäufer sollen es so schon auf Einnahmen von bis zu 50.000 € in einem Monat (!) gebracht haben.
Doch damit nicht genug. Schon im Vorfeld solcher Ausflugsfahrten setzen viele Kaffeefahrt-Unternehmen unlautere, teils strafbare Methoden ein, um möglichst viele Menschen zur Teilnahme an den Fahrten zu bewegen. Von den kriminellsten Vertretern der Branche werden z.B. Gewinnmitteilungen versendet, nach denen der Empfänger z.B. "5.000 € in bar" gewonnen haben soll, die bei der Teilnahme an einem „schönen Tagesausflug" ausgezahlt werden sollen. Bei dem "schönen Tagesausflug" handelt es sich um eine Kaffeefahrt! Ein Bargeld-Gewinn wird nicht ausgezahlt. Statt dessen behaupten die Veranstalter später wahrheitswidrig, es sei stets nur von einer „Gewinnchance" oder der „Nominierung für einen Rubbellosgewinn" die Rede gewesen.
Selbstverständlich gehen nicht alle Veranstalter derart skrupellos vor. Auch wenn das Finanzierungsprinzip über die angeschlossene Verkaufsveranstaltung im Grundsatz bei allen Kaffefahrten dasselbe ist, wird es sicherlich auch seriöse Veranstalter geben, welche die Verkaufsangebote so kalkulieren, dass nur ein angemessener Gewinn erwirtschaftet und die Teilnehmer nicht „abgezockt" werden. Leider gibt es in der Branche jedoch sehr viele „schwarze Schafe".
Wenn Sie eine Einladung zu einer Ausflugsfahrt erhalten, in der Ihnen mitgeteilt wird, dass Sie „gewonnen" haben, ohne dass Sie sich erinnern können, an einem entsprechenden Gewinnspiel teilgenommen zu haben, sollten sie skeptisch sein! Dies gilt insbesondere wenn behauptet wird, Sie hätten einen hohen Bargeldbetrag, z.B. 5.000 €, gewonnen, der Ihnen nur bei Teilnahme an einem Tagesausflug persönlich ausgezahlt werden kann. Sie dürfen davon ausgehen, das Sie auch bei Teilnahme kein Bargeld erhalten. Üblicherweise wird man Ihnen unter einem Vorwand auf der Veranstaltung zuerst die Einladung mit dem Gewinnversprechen abnehmen, um die Beweise zu vernichten, und Ihnen dann erklären, dass Sie das die Mitteilung falsch verstanden hätten. Von Anfang an sei nur von einer Gewinnchance die Rede gewesen. Dann findet womöglich eine Tombola statt, bei der natürlich niemand die 5.000 gewinnt. Schließlich fahren Sie ohne Gewinn, aber möglicherweise mit einigen teuren aber nutzlosen Neuerwerbungen und völlig erschöpft von der ganztätigen Verkaufsveranstaltung nach Hause zurück.
Leider lassen sich die meisten Teilnehmer diese „Abfertigung" gefallen, teils aus Scham, teils aus Unwissen. Sie müssen sich das jedoch nicht bieten lassen! Behauptet jemand, Sie hätten gewonnen, obwohl der angebliche Gewinn nie ausgezahlt werden soll, ist das Betrug. Es sind bereits einige Veranstalter strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen worden. Wenn Ihnen ähnliches widerfährt, sollten Sie Anzeige erstatten. Keinesfalls müssen sich für Ihren Irrtum schämen. Rechtswidrig handelt die betreffenden Veranstalter, nicht Sie.
Schützen Sie andere davor, betrogen zu werden indem Sie Ihre Erfahrungen öffentlich machen!
Außerdem haben Sie die Möglichkeit, das Gewinnversprechen gerichtlich geltend zu machen. Wer in Deutschland einen Gewinn verspricht, muss diesen gem. § 661a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) auch auszahlen. Natürlich ist eine Klage immer mit einem Kostenrisiko verbunden. Denn selbst wenn Ihnen das Gericht Recht gibt, heißt das noch nicht, dass Sie Ihren Gewinn auch bekommen. So kann der Veranstalter z.B. insolvent sein. Dann gehen Sie leer aus und bleiben außerdem auf Ihren Prozesskosten sitzen. Auch wenn der Veranstalter im Ausland ansässig ist, ist eine Vollstreckung des Urteils meist aussichtslos. Aber dennoch: Es wurden bereits einige Veranstalter von Kaffeefahrten erfolgreich auf Auszahlung der versprochenen Gewinne in Anspruch genommen. Jedenfalls wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, die Ihnen das Kostenrisiko abnimmt, sollten Sie durchaus eine gerichtliche Geltendmachung Ihrer Rechte erwägen.
Wichtig: Geben Sie die Beweismittel nicht aus der Hand. Die Veranstalter versuchen häufig, Ihnen das Einladungsschreiben mit der Gewinnmitteilung und die Anmeldebestätigung zu der Fahrt mit diversen Tricks wieder abzunehmen. Lassen Sie sich nicht darauf ein und behalten Sie die Unterlagen!
Bei Kaffeefahrten der hier beschriebenen Art ist eines ganz gewiss: Sie umfassen immer eine Verkaufsveranstaltung. Üblicherweise findet diese an einem abgelegen Ort - oft in einem Landgasthof - statt, bei dem Sie für die Rückreise auf den Bus des Veranstalters angewiesen sind. Notgedrungen nehmen viele dann an der Verkaufsveranstaltung teil.
Es besteht aber keine Pflicht zur Teilnahme. Sie dürfen sich jederzeit aus dem Verkaufsraum entfernen und können zum Beispiel lieber einen schönen Spaziergang machen. Es soll jedoch schon vorgekommen sein, dass die Veranstalter die Teilnehmer im Verkaufsraum eingesperrt und gedroht haben, dass erst wieder geöffnet wird, wenn ein bestimmter Verkaufsumsatz erzielt worden ist. Das ist strafbare Freiheitsberaubung. Aber streiten Sie nicht lange mit dem Veranstalter. Rufen Sie in solchen Fällen besser mit Ihrem Mobiltelefon die Polizei (Telefon 110).
Die auf den Veranstaltungen angebotenen Produkte werden Ihnen typischerweise als revolutionär, völlig neu oder noch nicht im Handel erhältlich angepriesen. Ihnen wird häufig suggeriert, ein Schnäppchen ergattern zu können. Dabei gehen die Verkäufer psychologisch und rhetorisch so geschickt vor, dass auch anfangs skeptische Teilnehmer infolge der massiv beeinflussenden Art der Präsentation bereit sind, etwas zu kaufen. Gelegentlich wird auch Ratenzahlung angeboten um den tatsächlichen Preis zu verschleiern.
Ein gängiger psychologischer Trick ist die Gewährung scheinbarer Preisnachlässe großen Umfangs. So wird z.B. ein Kochtopfset zunächst für 1.000 angeboten und dieser Preis dann - Schritt für Schritt - auf 499 gesenkt. Immer noch viel Geld, aber im Vergleich zum ursprünglichen Preis nur noch die Hälfte. Bei so viel „Ersparnis" fragt dann niemand mehr, was das Kochtopfset eigentlich im regulären Handel kostet; in dem Preisbeispiel nämlich allenfalls 250 . Tatsächlich haben die Käufer also nichts gespart, sondern gegenüber dem üblichen Marktpreis 249 draufgezahlt.
Fallen Sie auf diese psychologischen Tricks nicht herein! Warum sollte man Sie mit viel Aufwand an einen abgelegenen Ort kutschieren, um Ihnen dann revolutionäre und noch dazu preiswerte Angebote zu unterbreiten? Die Veranstalter wollen Geld verdienen! Ihr Geld! Das gelingt nur, indem Produkte zu überhöhten Preisen angeboten werden, teilweise zu einem Vielfachen des marküblichen Preises. Sie können davon ausgehen, dass Sie die meisten angepriesenen Produkte oder ähnliche Produkte gleicher oder sogar besser Qualität zu einem wesentlich günstigeren Preis auch im regulären Handel erhalten!
Wenn Sie doch nicht wiederstehen konnten, auf einer Kaffeefahrt Waren erworben haben und dies im Nachhinein bereuen, müssen Sie nicht am Kaufvertrag festhalten. Drückt Ihnen der Preis der neuen Heizdecke auf den Magen oder kommen Ihnen doch Zweifel an der angepriesenen Wunderwirkung der Mineralstoffkapseln, können Sie den Kaufvertrag gemäß § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB ohne Begründung widerrufen. Die Frist beträgt zwei Wochen ab Aushändigung der Widerrufsbelehrung. Die Widerrufsfrist beträgt sogar einen Monat, wenn die Belehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird.
Das Widerrufsrecht hilft Ihnen jedoch wenig, wenn Sie die Adresse des Veranstalters gar nicht kennen oder der Veranstalter inzwischen insolvent ist. Auch ein ausländischer Geschäftssitz ist problematisch.
Manche Veranstalter drohen in ihren Einladungen an, man müsste einen bestimmten Betrag für die entstandenen Kosten bezahlen, wenn man trotz Anmeldung nicht mitfährt. Sie fragen sich, ob Sie diese Kosten wirklich bezahlen müssen, wenn Sie es sich nach der Anmeldung doch anders überlegen?
Wir sagen: Nein! In den meisten Fällen dürfte eine solche Forderung des Veranstalters schon aus Rechtsgründen scheitern. Gemäß § 651i Abs. 1 BGB haben Sie nämlich die Möglichkeit, von einem Reisevertrag - um einen solchen handelt es sich bei einer Kaffeefahrt - jederzeit zurückzutreten. Zwar steht dem Veranstalter gemäß § 651i Abs. 2 BGB grundsätzlich eine Entschädigung zu. Diese darf aber nicht höher sein als der Reisepreis. Jedenfalls in den Fällen, in denen die Kaffefahrt kostenlos angeboten wurde, kann der Veranstalter somit auch keine Entschädigung verlangen, wenn Sie nicht teilnehmen.
Im Übrigen ist noch kein Fall bekannt geworden, in dem der Veranstalter einer Kaffefahrt von einem angemeldeten Teilnehmer eine Entschädigung für dessen Nichtteilnahme eingeklagt hat. Es ist auch nicht zu erwarten, dass dies in Zukunft geschieht. Dann nämlich müßten die Veranstalter ihre Anonymität aufgeben und vor Gericht ihre Identität preisgeben. Gerade unseriöse Anbieter werden sich davor hüten.
Zum Abschluss dieser Broschüre haben wir Ihnen einige Formulierungen aus Einladungen zu Kaffeefahrten zusammengestellt, die verdeutlichen, mit welchen perfiden Formulierungstricks versucht wird, Sie zu täuschen.
Sie müssen sich nicht schämen, wenn Sie selbst schon der einen oder anderen Täuschung erlegen sind. Sie dürfen die Formulierungen so verstehen, wie jeder vernünftige Leser sie verstanden hätte. Wenn ein Präsentkorb für alle Ehepaare versprochen worden ist, können Sie gemeinsam mit Ihrer Ehepartner einen ganzen Korb beanspruchen. Sie müssen sich nicht einen Korb mit allen teilnehmenden Ehepaaren teilen. Die mehrdeutigen Formulierungen werden vor Gericht zu Ihrem Vorteil ausgelegt (§ 305c Abs. 2 BGB). Das Recht ist nicht auf der Seite der Betrüger!
Ausführliche Infomationen zum Thema erhalten Sie zum Beispiel in unserem Ratgeber
"Vosicht bei Kaffeefahrten", den Sie auf unserer Download-Seite abrufen können.
Haben Sie selbst eine dubiose Gewinnmitteilung erhalten oder sogar an einer Kaffeefahrt teilgenommen? Informieren Sie uns! Denn wir können nur gegen Anbieter vorgehen, von deren unseriösen Praktiken wir Kenntnis erlangen. Melden Sie uns Gewinnmitteilung und unseriöse Kaffeefahrten mit dem nachfolgenden Formular!
Wollen Sie mehr über Ihre Rechte bei Kaffeefahrten erfahren? Wollen Sie einen versprochenen Gewinn einklagen? Stellen Sie uns Ihre Fragen mit dem nachfolgenden Formular! Wir helfen Ihnen gern.
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Letzte Aktualisierung: 06.04.2010