Bei Strom und Gas können Sie mit einem Wechsel des Lieferanten viel Geld sparen. Mit günstigen Neukundenkonditionen und Neukundenboni sind Ersparnisse von 400 € für einen durchschnittlichen Haushalt keine Seltenheit. Allerdings bleibt das ein Einmaleffekt, wenn Sie nach dem Ablauf des ersten Vertragsjahres bei dem neuen Anbieter bleiben. Im zweiten Vertragsjahr gibt es natürlich keinen weiteren Neukundenbonus. Darüber hinaus erhöhen fast alle im ersten Vertragsjahr besonders günstigen Anbieter zum zweiten Vertragsjahr heftig die Preise und hoffen, dass die Kunden das nicht merken und den Vertrag mit dem höheren Preis fortsetzen. Das müssen Sie nicht mit sich machen lassen. Nutzen Sie die Lockangebote der Lieferanten wirklich zu Ihrem Vorteil aus und wechseln Sie jedes Jahr den Anbieter. Nur dadurch können Sie mit Lieferantenwechseln dauerhaft viel Geld sparen.
Der Anbieterwechsel selbst ist einfach und läuft meist reibungslos. Spätestens, nachdem Sie einen Anbieterwechsel zwei- oder dreimal vorgenommen haben, entwickeln Sie Routine und wissen worauf es ankommt. Für das erste Mal zeigen wir Ihnen in unserem aktuellen Thema, wie ein Lieferantenwechsel funktioniert und worauf Sie besonders achten sollten.
Um eines vorweg zu nehmen: Sie brauchen keine Angst haben, bei einem Lieferantenwechsel ohne Strom oder Gas dazustehen. Der örtliche Grundversorger ist gesetzlich verpflichtet, Sie mit Strom und Gas zu beliefern, wenn Sie nicht von einem anderen Lieferanten Ihrer Wahl versorgt werden. Wenn sich ein beabsichtigter Lieferantenwechsel verzögert oder gar nicht zustande kommt, springt daher der Grundversorger ein, ohne dass Sie etwas veranlassen müssen. Die Versorgungssicherheit ist beim Wechselprozess immer gewährleistet.
Bei Strom und Gas können Sie zwischen hunderten Tarifen unterschiedlicher Anbieter wählen. Die meisten Anbieter liefern im gesamten Bundesgebiet. Die Tarife können aber regional unterschiedlich sein. Am einfachsten lassen sich die Tarife auf den einschlägigen Preisportalen im Internet vergleichen. Alles, was Sie dazu benötigen, sind Ihr voraussichtlicher jährlicher Energieverbrauch und Ihre Postleitzahl.
Wenn Sie ohne Veränderung Ihrer Lebensumstände nur einen neuen Tarif zur Versorgung in Ihrer bisherigen Wohnung suchen, können Sie einfach den Verbrauch aus Ihrer letzten Jahresabrechnung zugrunde legen. Nur wenn Ihnen noch keine Jahresabrechnung vorliegt, müssen Sie schätzen.
Beim Stromverbrauch ist das vergleichsweise einfach, weil sich der Stromverbrauch relativ gleichmäßig auf das ganze Kalenderjahr verteilt. Zu jahreszeitlichen Abweichungen kommt es nur, wenn Sie den Strom aus zum Heizen verwenden. Wenn das nicht der Fall ist, können Sie aus dem Stromverbrauch für wenige Monate einfach durch Multiplikation den jährlichen Stromverbrauch schätzen. Dazu teilen Sie den Ihnen bekannten Verbrauch für einige Monate durch die Anzahl der Monate und multiplizieren das Ergebnis mit 12. Wenn Sie beispielsweise in 3 Monaten 600 kWh verbraucht haben, können Sie von einem Jahresverbrauch von ca. 2.400 kWh (600 kWh / 3 Monate * 12 Monate) ausgehen.
Beim Gasverbrauch ist die Schätzung anhand von Teilzeiträumen schwieriger, weil der (Heiz-)Gasverbrauch von der Außentemperatur abhängt und daher starken jahreszeitlichen Schwankungen unterliegt. So fallen beispielsweise im Januar statistisch ca. 17 % des Jahresheizgasverbrauchs an, während im Juli nur gut ein Prozent anfällt. Anhand entsprechender Umrechnungstabellen können Sie den jährlichen Gasverbrauch dennoch halbwegs verlässlich schätzen, wenn Ihnen Ihr Gasverbrauch jedenfalls für zwei oder drei Monate der Heizperiode bekannt ist.
In besonderen Situationen müssen beide Schätzmethoden kombiniert werden. Wenn Sie Strom auch zum Heizen der Wohnung nutzen, unterliegt der Heizstromanteil natürlich auch den jahreszeitlichen Schwankung, während der übrige Stromverbrauch gleichmäßig über das Jahr verteilt bleibt. Wenn Sie Gas auch zum Erzeugen von Warmwasser oder zum Kochen verwenden, ist dieser Anteil des Gasverbrauchs gleichmäßig über das Jahr verteilt, während der übrige Gasverbrauch weiterhin den jahreszeitlichen Schwankungen unterliegt.
Wenn Sie in eine neue Wohnung umziehen und dafür einen neuen Tarif suchen, müssen Sie abschätzen, ob sich ihr Energieverbrauch durch den Umzug ändert. Beim Stromverbrauch ist das nur zu erwarten, wenn sich die Personenzahl ändert oder wenn der Strom in der neuen Wohnung auch oder nicht mehr zum Heizen oder zum Bereiten von Warmwasser verwendet werden soll. Der Heizgasverbrauch kann in der neuen Wohnung abhängig von deren Größe und der Isolierung ganz anders als in der alten Wohnung ausfallen. Eine grobe Abschätzung ermöglicht hier der Energieausweis.
Das Schätzen des Verbrauchs ist nicht immer ganz einfach. Das sollte Sie aber nicht vom Anbieterwechsel abhalten. Denn wenn Sie nicht gerade einen Pakettarif abschließen wollen, wovon wir abraten (dazu unten), kommt es auf den ganz genauen Verbrauch für den Tarifvergleich nicht an. Im Zweifel können Sie auch einfach den von dem genutzten Tarifportal für Ihre Personenanzahl vorgeschlagenen Durchschnittsstromverbrauch und den für Ihre Wohnungsgröße vorgeschlagenen Gasverbrauch ansetzen. Mit diesen Werten liegen Sie im Regelfall nicht ganz falsch.
Bei den Tarifarten ist grundsätzlich zwischen verbrauchsabhängigen Tarifen und Pakettarifen zu unterscheiden. Auch bei verbrauchsabhängigen Tarifen zahlen Sie zwar im Regelfall monatliche Abschläge. Am Jahresende erfolgt jedoch eine Abrechnung aufgrund des tatsächlichen Verbrauchs. Übersteigen die von Ihnen gezahlten Abschläge die Kosten des gemessenen tatsächlichen Verbrauchs, erhalten Sie eine entsprechende Rückerstattung. Unterschreiten die von Ihnen gezahlten Abschläge die Kosten des gemessenen tatsächlichen Verbrauchs, müssen Sie eine Nachzahlung nach Ihrem allgemeinen Tarifpreis leisten.
Bei Pakettarifen wird im Voraus eine bestimmte Mindestabnahmemenge vereinbart. Diese müssen Sei in jedem Fall bezahlen, auch wenn sich am Jahresende herausstellt, dass Sie tatsächlich weniger Energie verbraucht haben. Haben Sie jedoch mehr verbraucht, müss en Sie für den Mehrverbrauch am Jahresende eine Nachzahlung zu einem speziellen (höheren) Nachzahlungstarif leisten. Die Pakettarife sind so gestaltet, dass Sie, wenn der tatsächliche Verbrauch in etwa der Paketgröße entspricht, einen sehr günstigen Preis pro Kilowattstunde erreichen. Weicht der tatsächliche Verbrauch jedoch von der Paketgröße ab, wird der Preis pro Kilowattstunde umso höher, je größer die Abweichung von der Paketgröße ist. Der Abschluss eines Pakettarifs ist daher eine Wette auf den tatsächlichen Verbrauch. Wir raten vom Abschluss solcher Tarife ab.
Ferner ist zwischen Tarifen mit Vorauskasse und Tarifen mit Abschlagszahlungen zu unterscheiden. Bei Tarifen mit Vorauskasse leistet der Kunde monatliche oder jährliche Zahlungen auf den voraussichtlichen zukünftigen Verbrauch. Derartige Tarife werden zu besonders günstigen Preisen angeboten. Sie sind für Sie als Kunde aber riskant, weil Sie sich mit den Vorauszahlungen dem Insolvenzrisiko des Lieferanten aussetzen. Dieses Risiko ist bei monatlichen Vorauszahlungen noch überschaubar. Bei einer jährlichen Vorauszahlung können Sie im schlimmsten Fall aber Ihre Vorauszahlung für das ganze Jahr verlieren. Wir raten von Tarifen mit Vorauszahlungen daher dringend ab.
Bei Tarif mit Abschlagszahlungen leisten Sie - meistens monatlich - Zahlungen auf die Energielieferungen, die Sie bis dahin bereits erhalten hat. Sie sind daher keinem Insolvenzrisiko ausgesetzt, solange die Abschlagszahlungen nicht überhöt sind.
Unter bestimmten, gesetzlich geregelten Voraussetzungen hat der Lieferant die Möglichkeit, bei ihm eintretende Änderungen seiner Preiskomponenten im laufneden Vertragsjahr an Sie weiterzugeben. Das können Änderungen der Einkaufspreise des Lieferanten, aber auch Änderungen gesetzlich regulierter Preisbestandteile wie Netzentgelte und Steuern sein. Einige Lieferanten bieten daher Tarife mit einer sogenannten Preisgarantie an, nach denen Sie als Kunde für die Dauer einer bestimmten Zeit vor entsprechenden Preiserhöhungen geschützt sein sollen. Häufig handelt es sich jedoch nur um sog. eingeschränkte Preisgarantien, die nicht vor der Weitergabe von Änderungen gesetzlich regulierter Preisbestandteile schützen.
Ob der Abschluss eines Tarifs mit Preisgarantie sinnvoll ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Das hängt letztlich von der individuellen Ausgestaltung der Preisgarantie und den aktuellen Marktbedingungen ab. Nach unserer Erfahrungen sind die angebotenen Tarife jedoch meistens so ausgestaltet, dass der Energieversorger ein deutlich höheres Entgelt erhält, der Mehrwert für den Kunden aber gering ist. Wir raten vom Abschluss eines Tarifs mit Preisgarantie daher ab.
Auch ohne Preisgarantie muessen Sie eine Preiserhöhung nicht hinnehmen, denn bei einer Preiserhöhung steht Ihnen immer ein Sonderkündigungsrecht zu.
Die Vergleichsportale verwenden voreingestellte Filter, die das Ergebnis der Suchabfrage beeinflussen. Diese Filter sollten Sie Ihren Tarifwünschen anpassen.
Aus der Liste der Suchergebnisse sollten Sie nicht sofort den günstigsten Anbieter auswählen, sondern zunächst die Konditionen der bestplatzierten Anbieter im Detail vergleichen. Gerade die Bedingungen für die Auszahlung der Boni können sich erheblich unterscheiden und von den Suchfiltern unter Umständen nicht korrekt abgebildet sein. So bieten manche Lieferanten statt der bisher üblichen Neukundenboni sog. Treueboni an, die der Kunde nur erhalten soll, wenn er länger als ein Jahr bei dem Anbieter bleibt. Solche Boni sind für den Kunden natürlich viel weniger Wert als echte Neukundenboni, die er bei einem jährlichen Wechsel jedes Jahr erhalten kann. Wir empfehlen, nur solche Verträge abzuschließen, bei denen der Kunde die Boni auch dann erhält, wenn der Vertrag zum Ende des ersten Belieferungsjahres beendet wird.
Außerdem sollten Sie von der Ergebnisliste des Tarifvergleichs und von den angezeigten Konditionen des Tarifs, den Sie letztlich abschließen wollen, einen Screenshot fertigen. Nach Erhalt der Vertragsunterlagen können Sie die in den Unterlagen "bestätigten" Konditionen mit den auf dem Vergleichsportal beworbenen Konditionen vergleichen. Bei etwaigen Abweichungen kann Ihnen der Screenshot bei der Durchsetzung der Konditionen aus dem Vergleichsportal helfen.
Wenn Sie sich für einen neuen Anbieter entschieden haben, können Sie diesem den Belieferungsauftrag erteilen.
Wenn Sie wünschen, übernimmt der neue Anbieter auch die Kündigung Ihres bisherigen Vertrages für Sie. Von diesem Angebot können Sie ohne Weiteres Gebrauch machen, wenn bis zum nächstmöglichen Kündigungszeitpunkt bei Ihrem bisherigen Anbieter noch ausreichend Zeit ist (mindestens vier Wochen). Wenn das nicht der Fall ist, sollten Sie sich besser nicht darauf verlassen, dass der neue Anbieter rechtzeitig für sie kündigt, sondern die Kündigung Ihres Altvertrages selbst vornehmen.
Bei einem Anbieterwechsel dauert es in der Praxis 2 bis 6 Wochen, bis Sie von dem neuen Lieferanten mit Strom oder Gas versorgt werden. Nach der gesetzlichen Regelung muss der neue Lieferant zwar binnen 3 Wochen den Netzbetreiber kontaktieren, um die Belieferung aufnehmen zu können. Wie lange es dann dauert, bis Sie von dem neuen Lieferanten tatsächlich beliefert werden, hängt aber von den Umständen ab, z.B. von der Kündigungsfrist bei Ihrem bisherigen Lieferanten. Wenn Sie nahtlos zum Ende Ihres laufenden Energieliefervertrages von einem neuen Lieferanten versorgt werden wollen, bietet es sich daher an, ca. 8 Wochen vor dem Vertragsende einen Vertrag mit einem neuen Anbieter zu schließen.
Wenn Sie – wie von uns empfohlen – nach einem Jahr erneut den Anbieter wechseln wollen, dürfen Sie nicht verpassen, den Vertrag rechtzeitig zum Ende des ersten Belieferungsjahres wieder zu kündigen. Leider passiert das häufig, weil viele Verbraucher irrtümlich meinen, die Kündigung erst gegen Ende des Belieferungsjahrens aussprechen zu können und deswegen viel zu lange abwarten. Um die Kündigung nicht zu vergessen, sollten Sie sie jedoch so frühl wie möglich erklären. Rein rechtlich könnten Sie unmittelbar nach dem Abschluss des Vertrages eine Kündigung mit Wirkung zum Ende des ersten Belieferungsjahres ausgesprechen. Das sollten Sie aber nicht tun, weil das bei den Anbietern in der Regel nicht gut ankommt und manchmal dazu führt, dass die Anbieter die Belieferung gar nicht erst aufnehmen. Wir empfehlen Ihnen daher abzuwarten, bis der Anbieter Ihnen den Lieferbeginn mitgeteilt und die Lieferung aufgenommen hat. Dann können Sie "gefahrlos" eine Kündigung mit Wirkung zum Ende des ersten Belieferungsjahres erklären.
Rechtzeitig vor dem Ende des ersten Belieferungsjahres können Sie sich dann wieder einen neuen Anbieter suchen. Wenn Sie das vergessen sollten, ist Ihr Schaden nur gering. Sie werden mit Ablauf des Vertrages dann automatisch vom zuständigen Grundversorger beliefert. Die Grundversorgung können Sie aber jederzeit mit einer Frist von nur zwei Wochen durch Beauftragung eines neuen Lieferanten wieder beenden.
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Letzte Aktualisierung: Dezember 2020