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Stellungnahme zum Entwurf eines "Gesetzes zur Förderung verbraucher­gerechter Angebote im Rechts­dienst­leistungs­markt" vom 06.10.2020

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) will auf aktuelle Entwicklungen auf dem Markt für Rechtsdienstleistungen reagieren. Dort treten mittlerweile in größerer Zahl sog. Legal-Tech-Unternehmen auf, die Verbraucherinnen und Verbrauchern Angebote zur Durchsetzung ihrer Ansprüche machen. Diese Unternehmen werden zumeist als registrierte Inkassodienstleister nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz tätig. Hierbei weichen sie aber zum Teil erheblich von dem klassischen Bild eines Inkassodienstleisters ab und bieten nicht selten weitreichende rechtliche Beratung und Unterstützung an. Wesentlicher Erfolgsfaktor der Legal-Tech-Unternehmen ist, dass sie (anders als die Rechtsanwaltschaft dies bisher darf) ganz überwiegend auf der Basis von Erfolgshonoraren tätig werden und dabei die Verbraucherinnen und Verbraucher von sämtlichen Kostenrisiken freistellen. Die Tätigkeit dieser Unternehmen hat zu
neuen Rechtsfragen im Rechtsdienstleistungsrecht und im anwaltlichen Berufsrecht geführt.

Allerdings hat der BGH mit dem ersten LexFox-Urteil vom 27.11.2019, Az. VIII ZR 285/18, bereits auf der Grundlage der bisher geltenden Gesetze entschieden, dass Inkassodienstleister rechtlich umfassend für ihre Kundinnen und Kunden bei der Einziehung von Forderungen tätig werden dürfen und die Vereinbarung von Erfolgshonoraren samt Kostenübernahme zulässig ist. Der Rechtsanwaltschaft ist dagegen die Vereinbarung eines Erfolgshonorars nur in engen Grenzen erlaubt; die Freistellung ihrer Mandantschaft von Rechtsverfolgungskosten ist ihnen vollständig untersagt. Hieraus ergeben sich erhebliche Bedenken im Hinblick auf das europarechtliche Kohärenzerfordernis und damit die Rechtmäßigkeit der bestehenden weitgehenden Verbote von Erfolgshonoraren und Prozessfinanzierung im anwaltlichen Berufsrecht.

Das BMJV ist der Auffassung, dass die durch das Urteil des BGH de facto bestehende Rechtslage ausdrücklich legalisiert und auch einige der insoweit noch streitigen Fragen legislativ geklärt werden sollten. Außerdem sollen die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte insoweit Inkassounternehmen gleichgestellt werden, dass auch sie bis zum einem Streitwert von 2.000 € Erfolgshonorare vereinbaren und ihre Mandantschaft sogar von Rechtsverfolgungskosten freistellen dürfen (Prozessfinanzierung). Dazu hat das BMJV den Entwurf eines Gesetzes zur zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt am 11. November 2019 interessierten Verbänden, Organisationen und Institutionen zur Stellungnahme vorgelegt. Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. hat zu diesem Entwurf wie folgt Stellung genommen:


Sehr geehrter Herr Dr. Scholz,

für die Möglichkeit, zu dem von Ihnen übersandten Gesetzentwurf Stellung zu nehmen, danke ich Ihnen.

Der Deutsche Verbraucherschutzverein e.V. begrüßt die Absicht, das durch das erste LexFox-Urteil des BGH vom 27.11.2019, Az. VIII ZR 285/18, schon auf Basis der bisherigen Rechtslage zugelassene Legal-Tech-Inkasso nun ausdrücklich zu legalisieren und mit dem Gesetz auch einige der insoweit noch streitigen Fragen legislativ zu klären.

Ebenfalls begrüßen wir die beabsichtigte Gleichstellung der Anwaltschaft hinsichtlich der Betätigung in dem durch das Gesetz definierten „erweiterten Inkassobereich“. Selbstverständlich ist zu beachten, dass Anwältinnen und Anwälte als Organ der Rechtspflege – anders als Inkassounternehmen – stets eine gewisse Distanz zum Anliegen ihrer Mandantschaft wahren müssen, um die ihnen zugewiesene Rolle im System der Rechtspflege erfüllen zu können. Insofern dürfen keine Anreize geschaffen werden, dass Anwältinnen und Anwälte das Anliegen ihrer Mandantschaft aus wirtschaftlichen Gründen zu ihrem eigenen machen und dadurch ihre anwaltliche Unabhängigkeit gefährden. Wie auch die Verfasser des Gesetzesentwurfs sehen wir diese Gefahr bei den hier allein in Rede stehenden Streitwerten bis 2.000 € jedoch noch nicht.

Die in § 13f RDG-E vorgesehenen Hinweispflichten für Inkassobüros und der in § 4a RVG-E vorgesehene Mindestinhalt einer Vereinbarung über ein anwaltliches Erfolgshonorar sollten ausreichend sicherstellen, dass Verbraucher überblicken können, welche Folgen eine entsprechende Vertragsgestaltung für sie hat.

Wir würden es daher begrüßen, wenn der vorgestellte Gesetzentwurf in dieser Fassung umgesetzt werden könnte.

Mit freundlichen Grüßen


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