Häufig besuchte Seiten:

News

12.11.2014

"Schnäppchenpreis" bei einer eBay-Auktion

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage der Wirksamkeit eines im Wege einer Internetauktion abgeschlossenen Kaufvertrags befasst, bei dem ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Kaufsache besteht (Urt. v. 12.11.2014, Az. VIII ZR 42/14).

Zum Sachverhalt:

Der Beklagte bot seinen Gebrauchtwagen bei eBay zum Kauf an und setzte ein Mindestgebot von 1 € fest. Der Kläger bot kurz nach dem Beginn der eBay-Auktion 1 € für den Pkw und setzte dabei eine Preisobergrenze von 555,55 €. Einige Stunden später brach der Beklagte die eBay-Auktion ab. Per E-Mail teilte er dem Kläger, der mit seinem Anfangsgebot Höchstbietender war, mit, er habe außerhalb der Auktion einen Käufer gefunden, der bereit sei, 4.200 € zu zahlen. Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung des nach seiner Ansicht wirksam zu einem Kaufpreis von 1 € geschlossenen Kaufvertrags und macht geltend, der Pkw habe einen Wert von 5.250 €.

Verfahrensgang:

Das Landgericht Mühlhausen (Urt. v. 09.042013, Az. 3 O 527/12) hat der auf Schadensersatz in Höhe von 5.249 € gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist vor dem Oberlandesgericht Jena (Urt. v. 15.01.2014, Az. 7 U 399/13) erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren vor dem BGH weiter.

Die Entscheidung des BGH:

Die Revision hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kaufvertrag nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB*) nichtig ist. Bei einer Internetauktion rechtfertigt ein grobes Missverhältnis zwischen dem Maximalgebot des Käufers und dem Wert des Versteigerungsobjekts nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB. Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben, während umgekehrt der Veräußerer die Chance wahrnimmt, einen für ihn vorteilhaften Preis im Wege des Überbietens zu erzielen. Besondere Umstände, aus denen auf eine verwerfliche Gesinnung des Klägers geschlossen werden könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

Auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte dem Kläger nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen halten könne, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Dass das Fahrzeug letztlich zu einem Preis von 1 € verkauft worden ist, beruht auf den freien Entscheidungen des Beklagten, der das Risiko eines für ihn ungünstigen Auktionsverlaufs durch die Wahl eines niedrigen Startpreises ohne Festsetzung eines Mindestgebots eingegangen ist und durch den nicht gerechtfertigten Abbruch der Auktion die Ursache dafür gesetzt hat, dass sich das Risiko verwirklicht.

Erläuterungen:

Wer bei eBay eine Sache zum Kauf einstellt, gibt grundsätzlich ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages nach den von eBay vorgegebenen Regeln ab. Zwar kann der Verkäufer nach diesen Regeln eine Auktion auch "abbrechen". Wurden jedoch bereits Gebote abgegeben, kommt durch den Abbruch der Auktion grundsätzlich ein Kaufvertrag mit dem in diesem Zeitpunkt Höchstbietenden zum aktuellen Gebot zustande. Dies gilt nur in bestimmten Ausnahmekonstellationen nicht, wenn dem Verkäufer z.B. ein Anfechtungsrecht wegen Irrtums zusteht. Diese Grundsätze sind rechtlich geklärt und wurden hier vom BGH zugrunde gelegt.

Vorliegend hatte sich der BGH im Schwerpunkt mit der Frage zu befassen, ob ein per eBay-Auktion geschlossener Vertrag wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem erzielten Kaufpreis und dem Wert der Kaufsache besteht. Wenig überraschend und völlig zu Recht hat der BGH ausgeführt, dass die Ungewissheit der Höhe des letztlich erzielten Kaufpreises gerade in der Natur einer eBay-Auktion mit niedrigem Startpreis liegt. Der Verkäufer kann bei eBay-Auktionen den Startpreis frei wählen, also auch ein höheres Mindestgebot fordern, wenn er sich gegen einen Verkauf zum "Dumpingpreis" schützen will. Wählt der Verkäufer indes einen besonders niedrigen Startpreis, wie z.B. hier 1,00 €, geht er bewusst das Risiko ein, dass ein Kaufvertrag zu diesem Preis zustande kommen könnte. Sittenwidrig ist das nicht. Zutreffend stellt der BGH klar, dass auch der Käufer, der auf dieses Angebot eingeht, nicht sittenwidrig handelt.

Besonders pikant in diesem Fall ist, dass es der klagende Verkäufer selbst war, der durch den Abbruch der Auktion dafür gesorgt hat, dass letztlich ein Vertrag zu nur 1,00 € zustande gekomen ist. Hätte er die Auktion bis zum planmäßigen Endzeitpunkt weiter laufen lassen, hätte er vermutlich jedenfalls einen höheren Preis als 1,00 € erzielt, wenn auch möglicherweise nicht die 4.200 €, die er außerhalb von eBay für das Fahrzeug erzielen wollte. Auch den eigenen Auktionsabbruch durch den Verkäufer führt der BGH als Indiz dafür an, dass gerade kein sittenwidriges Rechtsgeschäft vorliegt.


Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

* § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.


Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 164/2014

nach oben